INSPIRATION: Manchmal fragt man sich, wie Top-Manager mit solchen Erfahrungen umgehen. Da macht ein Konzern über drei Milliarden Dollar Verlust und steht vor der Frage: Handeln oder untergehen? Die Antwort sollte klar sein, aber die Art und Weise, wie der Chef von DHL diese Krise anging, ist zumindest bemerkenswert.
In dem Beitrag im Harvard Business Manager (Eine einfache, mitreißende Botschaft) erzählt er, dass sich das Unternehmen für Brief- und Paket-Express-Dienste mit der Übernahme eines Konkurrenten übernommen hatte. Nach seinem Antritt als CEO der Deutschen Post Tochter lautete die zentrale Frage nicht: „Was ist zu tun?“ Sondern: „Was sollte man besser nicht tun?“ Denn offensichtlich war die Lösung die Fokussierung auf einen Geschäftsbereich, der lukrativ und profitabel war, nämlich die internationalen Dienstleistungen, während das Inlandsgeschäft offenbar nicht zu retten war und verkauft werden sollte. Vor allem war der Strategiewechsel mit der Entlassung von 10.000 Mitarbeitern verbunden.
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Eine Frage, die sich beim Lesen solcher Geschichten immer stellt: Da überhebt sich ein Management mit seinen Entscheidungen, was letztlich zu einem immensen Defizit und schließlich zum Verlust von zig Tausend Arbeitsplätzen führt – wie gehen Unternehmen und Verantwortliche eigentlich damit um?
Nun, Ken Allen, der Autor des Beitrages, der DHL 2007 übernahm, hatte diese Entscheidungen nicht zu vertreten, sondern stand vor der Frage, wie er das sinkende Schiff wieder flott kriegen konnte.
Die Vorgehensweise
Er versammelte die Führungsmannschaft zu einem großen Meeting, erläuterte die Entscheidung und stellte die zentrale Frage: „Sei Ihr an Bord oder nicht?“ Die Führungskräfte sollten sich dazu spontan äußern. Die Reaktion: Einer nach dem anderen stand auf und zeigte damit seine Bereitschaft.
Sodann mussten die Kunden überzeugt werden, die Inlandsdienstleistungen in Zukunft von anderen Unternehmen einzukaufen. Und man musste entsprechende Unternehmen finden, die bereit waren, diese zu übernehmen. Letzteres stelle ich mir jetzt nicht so schwer vor.
Die wesentliche Herausforderung aber lautete: Wenn man sich voll und ganz auf das internationale Geschäft konzentrieren wollte, mussten die Mitarbeiter weltweit geschult werden. Und davon überzeugt werden, dass die neue Strategie funktionieren würde – 88.000 Mitarbeiter in 220 Ländern. Dazu veranstaltete man „ungezählte Town-Hall-Meetings“. Und statt PowerPoint-Präsentationen setzte man auf Musik. Kein Witz! Die Botschaft lautete: „Motivierte Mitarbeiter bieten herausragenden Service, was zu treuen Kunden und letztlich zu einem provitablen Netzwerk führt“. Dieser „Vierklang“ wurde durch Songs symbolisiert, und der Chef und seine Führungsmannschaft schmetterten die Lieder mit. Offenbar kam die Botschaft an, und das angeblich international.
Das Erfolgsrezept
Das Schulungsprogramm selbst kostete eine Menge Geld, aber hat sich ungemein rentiert. Das Erfolgsrezept: Die Führungskräfte fungierten als Vorbilder und wurden auch so erlebt. Wie das? Die Geschäftsführer persönlich setzten sich mit den Inhalten auseinander, alle Vorstandsmitglieder durchliefen das Programm persönlich. Und alle Führungskräfte bekamen die Vorgabe, „mindestens 70% ihrer Zeit mit Mitarbeitern und Kunden zu verbringen“. Letzteres wurde bis heute beibehalten.
Man staunt, dass es so einfach sein soll, Führungskräfte „auf Kurs zu bringen“. Andererseits: Wo wird die Erwartung an Führungskräfte schon mal so klar formuliert? Was würde wohl passieren, wenn in allen Unternehmen solche konkreten Vorgaben existierten, die zudem noch einigermaßen gut überprüfbar sind? Wie viel Zeit verbringen Führungskräfte in der Praxis tatsächlich mit Mitarbeitern und Kunden. Eine Lektion lautet daher: „Stelle sicher, dass deine Führungskräfte sichtbar und ansprechbar sind.“
Wie man die Herausforderung bewältigte, 10.000 Mitarbeitern zu kündigen, wird in der Erfolgsstory nicht weiter beschrieben, außer dass man versuchte, möglichst transparent dabei vorzugehen. Dafür erfahren wir, dass von drei Milliarden Verlust in 2008 das Unternehmen zehn Jahre später bei zwei Milliarden Gewinn angekommen ist.