INSPIRATION: Als Angestellter in einem Konzern hatte ich vor Jahren nebenher ein Amt in einem Sportverein inne. Mein Arbeitgeber tolerierte den Einsatz, ich konnte mir sogar erlauben, während der Arbeitszeit ganze Tage für den Verein unterwegs zu sein. Nicht alle Arbeitgeber spielen da mit, manchmal aber bleibt ihnen keine Wahl. Einige allerdings sind froh, solche Mitarbeiter zu haben.
Knapp 40% aller Deutschen über 14 Jahre sind ehrenamtlich tätig (Nebenjob: Leben retten). Und in der Regel macht es sich im Lebenslauf auch ganz gut, so etwas vorweisen zu können. Aber wie so vieles hat auch diese Sache ihre zwei Seiten. So viel ist erst mal klar: Wer sich ehrenamtlich engagiert, hat Spaß an einer Sache und zeigt, dass er eben nicht ausschließlich für Geld aktiv wird. Vorausgesetzt, das Engagement ist langfristig und kein Feigenblatt, nach dem Motto: „Schaut her, ich bin in der Elternpflegschaft (weil sich kein anderer gemeldet hat), ich bin sozial engagiert!“ Aber erfahrene Personaler werden „echtes“ Ehrenamt spätestens im Vorstellungsgespräch erkennen. Und mit wenigen Fragen herausfinden, worin die Aufgaben in diesem Amt bestehen und wie intensiv es betrieben wird.
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Wobei hier schon die mögliche Kehrseite sichtbar wird: Allzu groß darf die Belastung durch diese Tätigkeit dann auch wieder nicht sein, sonst fällt der Mitarbeiter häufiger aus als einem Arbeitgeber das lieb ist. In dem Beitrag der Wirtschaftswoche werden vor allem Tätigkeiten aufgeführt, bei denen es um Notfalleinsätze geht. So zum Beispiel während der Flutkatastrophe im Ahrtal. Aber auch die freiwillige Feuerwehr kann einen Kollegen schon mal häufiger in Anspruch nehmen. Oder jemand, der als Schöffe vor Gericht tätig ist. Man kann zwar, wenn der Betreffende gerade im Betrieb unabkömmlich ist, eine „Entpflichtung“ beantragen, aber damit kommt man nicht unbedingt durch.
Belastung durch das Ehrenamt
Also wird der Personaler schon im Vorstellungsgespräch versuchen herauszufinden, wie hoch die mögliche Belastung sein wird. Und ob sie die Vorteile eines motivierten und engagierten Mitarbeiters zunichte machen wird. Wenn man sich dann für den Kandidaten entscheidet und seine Abwesenheiten dann doch zur Belastung werden, hilft – wie immer – das miteinander Reden: Mitarbeiter, die ihre Kollegen über ihr Amt informieren, finden in der Regel Verständnis. Und wer dann noch zu Kompromissen (auf beiden Seiten) bereit ist, z.B. dass der Arbeitgeber einen Teil der Zeit entlohnt, den anderen der Mitarbeiter als Urlaubstage beisteuert, dann sind Streitigkeiten (bis zur Kündigung) eher eine Ausnahme (wobei die Kündigung in solchen Fällen natürlich anders begründet wird).
Zwei Dinge zur Ergänzung: Ob jemand unangemessen viel Zeit für sein Ehrenamt in Anspruch nimmt, hängt sicher auch von seiner Tätigkeit im Unternehmen, aber auch von seiner Haltung ab. Ich kenne genügend Menschen, für die der Job eben ein Job ist und die ganz in ihrer Nebentätigkeit aufgehen. Und die entsprechend froh sind, wenn Feierabend ist. Ebenso kenne ich Menschen, die ihr Ehrenamt mit Freude ausüben, aber auch ihre Aufgabe im Unternehmen ernst nehmen und sich dort entsprechend engagieren. Bei ersteren hilft es vermutlich wenig, ihnen Steine bezüglich des Ehrenamtes in den Weg zu legen, sondern eher gemeinsam zu überlegen, wie ein ähnlicher Einsatz eben auch im Unternehmen möglich ist.