PRAXIS: Der Einsatz von Geschichten in Training und Coaching will dosiert sein, aber kann im richtigen Moment für schöne Perspektivenwechsel sorgen. Hier kommt eine Geschichte, die zum Ende eine interessante Wende erfährt und damit genau das leistet, was eine gute Geschichte bewirken soll: Zum Nachdenken anregen.
Sie kommt dann zum Einsatz, wenn die Teilnehmer zu sehr in die Problembeschreibung abdriften und diese die Lösungssuche erschwert. Beim Erzählen erwartet man als Zuhörer eine etwas andere Botschaft, aber vielleicht passt die Geschichte ja auch dann, wenn jemand über den „hohen Preis“ für ein Ziel, dass er sich gesteckt hat, klagt.
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Eine Geschichte von Bohnen und Speck
Ein Schriftsteller träumte davon, eines Tages mit seiner Kunst so viel Geld verdienen zu können, dass er sich davon eine Ranch kaufen und ein Leben auf dem Land führen kann. Leider waren die Einnahmen viel zu gering. Aber was er sich leisten konnte, war ein Urlaub auf einer Ranch, diesen buchte er sich eines Tages und reiste voller Vorfreude an.
Es war, wie er es sich erträumt hatte: Am ersten Tag durfte mit auf die Weiden reiten und einen Zaun reparieren helfen. Glücklich und müde kehrte er abends zur Ranch zurück, wo es herrlich nach Bohnen und Speck duftete. So konnte es weitergehen.
Am zweiten Tag wurden Kälber gebrandmarkt, harte Arbeit, die wieder mit Bohnen und Speck belohnt wurde. Am dritten Tag trieben die Cowboys Rinder, die sich verirrt hatten, zurück zur Herde. Abends gab es Bohnen mit Speck. Und so ging es weiter. Die nächsten Tage wurden die Rinder auf neue Weiden getrieben, und so allmählich sank seine Begeisterung. Er war nicht mehr richtig bei der Sache und überlegte, ob es wohl abends wieder Bohnen und Speck geben würde. So war es. Seine Begeistrung wich der Enttäuschung.
Nach einem weiteren eintönigen Abendessen ging er hinaus und lehnte sich auf einen Zaun. Ein altgedienter Cowboy trat zu ihm und fragte ihn nach einer Weile des Schweigens: „Was ist los?“
Der Schriftsteller erzählte ihm, dass er sich so auf seinen Urlaub gefreut hatte und nun würde er schon fast zwei Wochen jeden Abend Bohnen und Speck essen. Dabei hätte er sich doch so sehr auf diesen Urlaub gefreut. Der Cowboy schwieg. Nach einer Weile fragte er: „Ist das ein Problem oder eine Unbequemlichkeit?“
Ich gestehe, beim Lesen hatte ich etwas anderes am Ende erwartet, zum Beispiel „Es gibt nicht das perfekte Leben, jeder Traum hat seine Schattenseiten.“ Aber es läuft vielleicht auf das Gleiche hinaus.
Die Auswertungsfragen
- Wie kann man unterscheiden, was ein Problem und was eine Unbequemlichkeit ist?
- Wo endet bei mir eine Unbequemlichkeit und wo beginnt ein Problem?
- Was erleben wir im Moment (z.B. bezüglich des Seminar- oder Coachingthemas) als Problem und was davon ist vielleicht doch nur unbequem?
- Welche Optionen hätten wir denn, die jetzige Situation trotz der „Bohnen und Speck“ zu genießen oder zumindest optimistisch anzugehen?
(aus: Stefan Köhler – Bohnen und Speck, nach einer Kurzgeschichte von Robert Fulghum. Training aktuell, 3/2012, S. 26-27)