INSPIRATION: Da ist was dran: Jede Organisation hat ihre „Windmühlen“, gegen die zu kämpfen es sich nicht zu lohnen scheint, und über die jeder ständig jammert. Und die mitunter auch als Rechtfertigung für die eigene Passivität dienen. Nur was ist die Alternative? Einfach mal machen, sagen Stefan Kaduk und Dirk Osmetz in der managerSeminare (Machen vor (Er-)Warten).
Im öffentlichen Dienst wird argumentiert, dass man nun mal nicht die freie Wirtschaft sei. In der Chemieindustrie verweist man auf die hohen Sicherheitsstandards und Umweltauflagen. In den Krankenhäusern klagt man über die Fallpauschalen und Dokumentationspflichten. Und Gründer beschweren sich über die bürokratischen Hürden, die jede Aktivität zu ersticken drohen.
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Aber es gibt immer wieder Menschen, die sich davon nicht aufhalten lassen. Die Wege finden, ohne gegen Windmühlen zu kämpfen, die Forderungen der Systeme „mit geringstmöglichen Aufwand nebenbei“ füttern und sich ansonsten auf ihre eigentliche Arbeit konzentrieren. Manches lässt sich sogar ganz ignorieren.
Nicht gegen Windmühlen kämpfen
Sicherlich gibt es da Grenzen, gerade wenn es um das Thema Sicherheit geht. Aber häufig haben Prozesse längst ihre Berechtigung verloren. Ich erinnere mich, dass ich in meiner Anfangszeit als Personaler Mitarbeiter testen musste, die eine Führungsposition erhalten sollten. Immer wieder kam es vor, dass die Kandidaten in der Personalabteilung auftauchten und erzählten, dass sie bereits befördert worden seien und auch nicht wüssten, warum sie nun noch zum Test mussten.
Ich schickte sie in den Betrieb zurück – ohne Test. Das fiel zunächst gar nicht auf, und als dann die Nachfragen kamen, dauerte es zwar noch eine Weile, aber irgendwann wurde das Verfahren geändert. Ersparte mir und den Betroffenen eine Menge Aufwand, den alle besser in sinnvolle Aktivitäten stecken konnten.
Also einfach ignorieren? Zumindest kann man ja mal experimentieren und schauen, was passiert. Vor allem bei den „Regeln“, deren Sinn verloren gegangen ist. Und bei vermuteten Erwartungen von oben. Auch das sei eine Windmühle, argumentieren die Autoren. Allzu oft verhalten sich Menschen in Organisationen so, wie sie glauben, dass es von ihnen erwartet wird. Sie nennen das „Erwartungserwartungen“.
Erwartungserwartungen
Kenne ich auch gut. Ich bekam mal den Auftrag, Ereignisse aus meinem Bereich zusammen zu stellen, die Eingang in die nächste Rede des Personalvorstandes finden sollten. Ich lieferte zwei Sätze auf einem DIN A4 Blatt ab, was große Verwunderung bei der Person auslöste, die die ganzen Informationen zusammentrug. Sie war gewohnt, von jedem eine Vielzahl an Projekten zu erhalten, die sie dann zusammenstreichen musste. Tatsächlich fanden meine beiden Sätze Eingang in die Rede, die meisten anderen Projekte blieben unerwähnt.
Mit anderen Worten: Einfach mal probieren, was passiert, wenn man den erwarteten Erwartungen nicht nachkommt. Eine Empfehlung an Mitarbeiter einer jeden Ebene.
Skurril finde ich es aber, wenn dieser Tipp vom Management selbst gegeben wird. Habe ich auch schon erlebt. Da kritisierte ein Mitarbeiter in einer Betriebsversammlung, dass es viel zu viele Vorschriften und Regeln gebe, die echte Innovation und Experimentierfreude verhindern. Antwort des Betriebsleiters: „Dann probieren Sie doch einfach mal aus, was passiert, wenn Sie sich nicht daran halten. Sie werden schon merken, wenn Sie zu weit gehen.“ Das Management fordert seine Mitarbeiter zum Regelbruch auf, statt das Regelwerk in Frage zu stellen – wie soll das denn funktionieren?