21. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Employer Voice Behavior

INSPIRATION: Ein kleines Gedankenexperiment: Sie wohnen in einer Mietwohnung und entdecken einen Schaden. Was könnte Sie davon abhalten, ihren Vermieter zu informieren? Und was könnte den Vermieter bewegen, ihrem Hinweis nachzugehen und den Schaden zügig zu beheben? Studien erklären, was Mitarbeiter bewegt, auf Verbesserungsmöglichkeiten hinzuweisen (Als Nörgler oder Störenfriede abgestempelt).

Die Erkenntnisse sind wenig überraschend: Mitarbeiter halten ihre Ideen zurück, wenn sie glauben, dass ohnehin nichts passiert. Oder schlimmer noch: Dass ihre Hinweise sogar negative Folgen für sie haben werden. Um das Mieterbeispiel aufzugreifen: Wenn der Mieter fürchten muss, nach einer Schadensmeldung vom Vermieter drangsaliert zu werden, wird er sich sagen: „Sollen doch die Fliesen von der Wand fallen, ist doch nicht mein Problem.“


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Verbesserungen oder Probleme?

Eine Metastudie kommt zu dem Ergebnis, dass diese Befürchtungen durchaus begründet sind, und zwar abhängig von der Art des Hinweises. Wer Verbesserungen vorschlägt (Promotive Voice Behavior), der kann mit besseren Beurteilungen durch seinen Vorgesetzten rechnen. Wer hingegen Probleme meldet oder Bedenken mitteilt (Prohibitive Voice Behavior), der erhält negativere Leistungsbeurteilungen. Anders ausgedrückt: Wer Verbesserungsvorschläge macht, wird belohnt, wer Schaden verhindern will, wird bestraft (Chamberlin u.a. 2017).

Das ist nun nicht weiter verwunderlich. „Promotive Voice Behavior“ bedeutet: Ein Mitarbeiter macht einen Verbesserungsvorschlag von der Art „Wenn man bei der Anlage das Ventil durch ein anderes ersetzt, lässt sich einiges an Rohstoffen einsparen, über das Jahr hinweg kommen womöglich Einsparungen von X Euro zustande.“ Schon nachvollziehbar, dass jemand, der solche Meldungen macht, positivere Bewertungen bekommt.

Wenn aber Führungskräfte sich kritisiert fühlen, reagieren sie defensiv, die Kritiker werden als Nörgler und Störenfriede wahrgenommen, die Meldung als Bedrohung erlebt. Ist doch klar, die Botschaft „Hört mal, da gibt es eine Stelle in der Anlage, die ziemlich marode aussieht. Wenn Ihr nicht bald was unternehmt, fliegt euch das Ding um die Ohren!“ kommt beim Vorgesetzten so an: „Ihr lasst die Anlage verkommen, Ihr achtet nicht auf Sicherheit, Ihr seid keine guten Führungskräfte.“ Das wird als Bedrohung erlebt, beim nächsten Mal gibt es negative Noten bei der Beurteilung.

Da ahnt man, wie die Tipps an die Führungskräfte lauten: Bedenken und Vorschläge aktiv einfordern, Verantwortung übertragen, selbst Fehler eingestehen, psychologische Sicherheit im Team steigern, Offenheit und Interesse signalisieren. Alles nicht verkehrt. Bedingt aber, dass man wirklich an den Problemen interessiert ist. Mehr noch: Dass auch die eigenen Vorgesetzten Kritik begrüßen. Wer seinem Chef mit einem Problem kommt, macht das Problem zu dessen Problem, denn er muss dann weiter oben dem nächsten Chef die unangenehme Botschaft überbringen. Und riskiert so für sich selbst negative Beurteilungen.

Lösungen vorschlagen

Wie also übermittelt man eine solche Botschaft, ohne dass es negative Konsequenzen für einen selbst hat? Rat der Experten: Bringen Sie die Meldung von Problemen immer zusammen mit konstruktiven Lösungsvorschlägen ein und signalisieren Sie Unterstützung bei dem Umgang mit dem Problem.

In vielen Fällen aber sind die Möglichkeiten zur Unterstützung begrenzt. Wer auf Gefahren oder Schäden hinweist, hat ja in der Regel kaum die Möglichkeit, bei der Behebung Hand anzulegen. Mehr noch: Man stelle sich vor, Mitarbeiter von VW hätten auf die Manipulationen bei der Software hingewiesen – wie sollte die angebotene Unterstützung aussehen?

Vielleicht so: „Chef, da gibt es ein Problem, über das ich gerne mal mit Ihnen sprechen möchte. Ich weiß, dass das lästig ist und nervt, und dass viele am liebsten gar nichts damit zu tun haben möchten. Ich hätte zwar eine Idee, wie man es behebt, aber leider kann ich da selbst nur bedingt Hand anlegen. Wie soll ich damit umgehen?“ Bezogen auf die möglichen Schwierigkeiten mit dem Chef-Chef: „Ich weiß, dass man das weiter oben gar nicht gerne hören wird, vielleicht können wir mal überlegen, wie man das am besten adressiert …“

Also wenn man schon keine direkte Unterstützung leisten kann, dann vielleicht mit Ideen, wie der Chef weiter mit dem Problem umgehen kann. Wobei man sich zuvor überlegen muss, welches Problem man ihm eigentlich bereitet, wenn man ein Problem meldet: Bekommt er dann vielleicht Schwierigkeiten mit seinem Chef? Ist ihm das Problem lästig? Fühlt er sich angegriffen? Wird er damit an ein Versäumnis erinnert?

Könnte man übrigens auch als Mieter probieren: „Vermieter, ich habe da im Badezimmer eine feuchte Stelle und eine Idee, wie man das zügig behebt. Wie soll ich weiter vorgehen?“ Könnte sein, dass sich der Vermieter etwas schneller als gewöhnlich bewegt …

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