INSPIRATION: Wem es gelingt, einen geeigneten und interessierten Kandidaten für eine offene Stelle zu gewinnen, der muss für diesen tiefer in die Tasche greifen und bekommt ein Problem. Denn während vor drei Jahren die Neulinge noch sechs Prozent weniger als die Kollegen bekamen, ist deren „Vorsprung inzwischen auf gut zwei Prozent geschmolzen“ (Treueprämie). Hauptsache, man findet überhaupt jemanden, könnte man meinen, aber der Gehaltsunterschied dürfte den Mitarbeitenden im Unternehmen alles andere als gefallen.
Ich habe schon vor vielen Jahren erlebt, wie ein neuer Programmierer sogar mehr Gehalt erzielen konnte als der Kollege vor Ort. Als dieser dann eine satte Gehaltserhöhung von 10% bekam, war er dennoch tief enttäuscht, denn damit hatte er den Vorsprung gerade mal aufgeholt. Was für ihn gleichbedeutend damit war, dass seine Erfahrung und seine bisherige Treue zum Unternehmen offenbar nicht anerkannt wurde.
Ein Dilemma
„So ist das nun mal“, lautete die Antwort des Geschäftsführers, „als wir Sie eingestellt haben, waren die Gehälter deutlich geringer. Neue Mitarbeitende sind heute einfach teurer.“ Das wäre auch der Tipp eines Experten in der Wirtschaftswoche: Gehen Sie mit dem Thema transparent um und erklären Sie den Kollegen, warum sie heute keine großen Unterschiede zwischen den Gehältern mehr machen können.
Ob das hilft? Ich vermute eher nicht. Denn in der Tat sollte die Erfahrung im Unternehmen ja einen Wert haben. Da hilft auch Tipp 2 nicht viel, nämlich den Alteingesessenen zu erklären, dass der Neue „das Team mit neuen Kenntnissen bereichern und Arbeit abnehmen“ kann. Toll, werden sich diese denken, aber erst mal müssen wir ihn einarbeiten.
Den Betriebsfrieden wahren
Also was tun, damit der geringe Gehaltsunterschied keine „enorme Sprengkraft“ entwickelt und den Betriebsfrieden nachhaltig stört? Mehr noch, die erfahrenen Kollegen demotiviert und bei ihnen Abwanderungsgedanken hervorruft? Hier kommen weitere Tipps von Experten: Kleinere Gehaltsanpassungen, Boni, bei Pflegeleistungen unterstützen, Entwicklungsperspektiven aufzeigen (z.B. mehr Verantwortung übertragen), Weiterbildungen anbieten, „das kann im fortgeschrittenen Alter noch mal eine neue Perspektive schaffen“.
Auch das stelle ich mir großartig vor: „Herr M., Ihr junger Kollege verdient zwar fast genauso viel wie Sie, aber auch in Ihrem Alter können Sie noch Neues lernen und sich entwickeln. Wie wäre es mit einem Kurs in … – dann schauen wir weiter!“
Nicht einseitig denken
Ich hätte da eine andere Idee. Ein Bekannter von mir stand vor einer ähnlichen Frage. Sein Arbeitgeber suchte auch händeringend neues Fachpersonal und musste diesem deutlich mehr zahlen. Bei der nächsten Gehaltsrunde zeigte er sich wieder „sparsam“ und wurde von einer Alternative des älteren Kollegen völlig überrascht: „Ich möchte gar nicht mehr Geld“, sagte dieser. „Ich hätte gerne zwei Wochen mehr Urlaub im Jahr.“ Es wurde dann erst mal nur eine Woche, aber immerhin.
So einfach kann die Sache sein: Einerseits dazu stehen, dass man Neueinsteiger teurer einkaufen muss, andererseits die Kollegen fragen, welche Dinge ihnen wichtig sind. Der erwähnte Bekannte wünschte sich zudem noch eine bestimmte Weiterbildung, auch diese wurde ihm zugesagt. Geht doch.