INSPIRATION: Dass Bewerber mitunter die Wahrheit etwas aufhübschen, kann man nachvollziehen. Und dass sie nicht alles preisgeben, was in ihrem Berufsleben bisher passiert ist, ebenso. Sollte man als Arbeitgeber deshalb intensiv im Internet recherchieren? Oder gar spezielle Dienstleister engagieren? Diese werben natürlich gerne für ihre Tätigkeit, indem sie z.B. behaupten, dass laut ihren Studien 30% von 5.000 untersuchten Bewerbungsunterlagen offenkundig manipuliert seien.
Das klingt bedrohlich, aber was heißt hier manipuliert? Und selbst wenn, ich glaube kaum, dass ein Unternehmen einem Bewerber reinen Wein einschenkt, nach dem Motto: „Der Kollege, bei dem Sie hier anfangen werden, ist als Stinkstiefel verrufen. Und Ihr zukünftiger Chef besitzt keinerlei soziale Intelligenz, alle Ihre Vorgänger haben fluchtartig das Weite gesucht.“
Detektivarbeit
Mit anderen Worten: Jede Seite wird versucht sein, die eigenen Vorzüge zu betonen und die Schwächen eher außen vor zu lassen – ob das nun immer schlau ist oder nicht. Wer dann mehr in Erfahrung bringen möchte als das, was er im Interview erfährt, der hat verschiedene Möglichkeiten. Er recherchiert im Internet, aber da lauert die erste Falle. Private Accounts bei Facebook, selbst wenn sie öffentlich sind, dürfen nicht durchstöbert werden – was wiederum schwerlich zu beweisen ist, deshalb würde man niemandem raten, irgendwelche verfänglichen Details dort zu posten.
Die zweite Möglichkeit ist das Einholen von Referenzen. Dafür sollte man sich das Okay der Kandidaten geben lassen. Und dann bei den letzten Arbeitgebern nachfragen – wobei diese sich in der Regel auch schwer tun werden, allzu mitteilungsfreudig zu sein. Wer will einem ehemaligen Mitarbeiter schon dicke Steine in den Weg legen? Und viele haben auch Sorge, dass sie dafür anschließend juristisch belangt werden. Deshalb, so die Experten, ist es wohl besser, man nutzt als Personaler sein eigenes Netzwerk, da hört man dann schon eher mal das eine oder andere (Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser).
Ver- oder Misstrauen?
Grundsätzlich gilt wohl, dass allzu großes Misstrauen eher schädlich ist. Lieber dem Bewerber mit einem Vertrauensvorschuss begegnen und selbst so offen wie möglich sein. Wenn sich herausstellt, dass man Detektive engagiert hat, die dann mit Geheimdienstmethoden den Kandidaten nachspüren, ist das für’s Unternehmensimage sicherlich viel schädlicher, als wenn man man tatsächlich mal richtig reingelegt wird.
Wenn also jemand z.B. Dokumente wie Zeugnisse gefälscht hat, dann ist das erstens ein Kündigungsgrund und zweitens ist der Aufwand, so etwas aufzudecken, wohl viel zu groß, um das bei jedem Bewerber in Auftrag zu geben. In der Praxis, so die Interviewten, hat der Personaler dafür ohnehin keine Zeit und sollte sich vor allem auf sein Gespür und seine Intuition verlassen. Dann wird er so manche Flunkerei im Gespräch entlarven oder zumindest Warnhinweise empfangen.