11. Dezember 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Gleichgewichtsglaube

INSPIRATION: Konservative Menschen sind eher als liberale bereit, minderwertige Ware zu kaufen. Seltsame These, dachte ich – bzw. seltsame Forschung. Aber die Erklärung machte mich neugierig. Sie könnte auch manch andere seltsame Phänomene verständlicher machen. Worum geht es?

Ausgangspunkt der Forscher an der Tuck School of Business war eine ältere Erkenntnis, dass konservativ Denkende eine Vorliebe für Dinge haben, die als Statussymbole gelten, also z.B. Designerkleidung, schicke Autos oder Uhren. Weil sie an so etwas wie Hierarchie und höhere Ordnung glauben und so ihre Stellung darin unterstreichen wollen. Wie aber sieht es mit Alltagsprodukten aus?


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Keine Ahnung, warum sich jemand mit dem Zusammenhang von politischer Einstellung und Einkaufsverhalten beschäftigt. Vermutlich, um Geschäftsleuten anschließend zu erklären, wie sie ihr Marketing gestalten können. Die eher verblüffende Erkenntnis lautet: Konservative sind eher bereit, beim Kauf von Alltagsgegenständen kleinere Mängel in Kauf zu nehmen als Liberale.

Überraschende Erkenntnisse

In einer „Wochenmarktstudie“ wählten Konservative bis zu 49% häufiger unansehnliche Produkte als Liberale. In einem Experiment, bei dem die Teilnehmer die Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Kursen hatten, bei der die eine Leitung schlechter ausgebildet war, „machte jeder zusätzliche Schritt auf der neunstufigen Konservatismusskala die Wahl des schlechteren Angebots um den Faktor 1,3 wahrscheinlicher“ (Kosmisches Gleichgewicht).

Die spannende Erklärung: Konservative glauben an so etwas wie ein „kosmisches Gleichgewicht“. Nach dem Motto „Auf den Regen folgt die Sonne“ sind sie eher der Ansicht, dass sich alles irgendwie ausgleicht. Für Produkte bedeutet das: Negatives wird schon irgendwie durch Positives kompensiert, sie werden also irgendwelche verstärkten Stärken haben oder für etwas anderes gut sein.

Die These überprüften die Forscher durch ein weiteres Experiment: Sie boten zwei USB-Sticks an, von denen der eine eine langsamere Lese- und Schreibgeschwindigkeit hatte – und fanden das gleiche Muster. Dann gaben sie einer Gruppe einen Text zu lesen, indem Situationen und deren positive und negative Aspekte beschreiben wurden. Bei den liberalen Teilnehmern, die diese „Gleichgewichtsaussagen“ gelesen hatten, stieg das Interesse an den minderwertigen Sticks, die Unterschiede zu den Konservativen verschwanden.

Noch ein interessantes Experiment: Gab man Konservativen eine Denksportaufgabe, sich z.B. eine achtstellige Zahl zu merken, verringerte dies im anschließenden Versuch ihr Interesse an dem weniger qualitativen Produkt. Erklärung: „Kompensatorische Argumentation ist ein komplexer Prozess, der einiges an kognitiven Ressourcen benötigt.“ Wird man auf diese Weise also abgelenkt, bleibt keine Zeit für die Vorstellung, dass sich die negativen Aspekte wohl ausgleichen werden.

Und: Personalbeurteilung?

Bleibt die spannende Frage: Gilt dieser Glaube auch bei der Beurteilung von Menschen? Und siehe da: So ist es. Gab man den Gruppen die Beschreibungen von Jobbewerbern, entschieden sich die Konservativen eher für den unfreundlicheren Kandidaten – sie nehmen an, dass dieser vermutlich der intelligentere sei.

Damit noch nicht genug: Konservative sind tatsächlich mit erworbenen Artikeln zufriedener als Liberale. Das kompensatorische Denken bzw. der Glaube an das Gleichgewicht wirkt sich positiv auf die Zufriedenheit aus.

Empfehlung für Marketing-Leute: Sie könnten Werbebotschaften an konservative Menschen adressieren und darin gezielt Schwächen der Produkte offen ansprechen. Oder den Vorteilen ihrer Produkte auch Nachteile gegenüberstellen, um so das Interesse zu wecken. Klingt logisch?

Mich beschäftigt mehr die Frage, woher wohl dieser Glaube kommt. Und ob das zumindest teilweise erklärt, warum offensichtlich ungeeignete Kandidaten für hohe Ämter gewählt werden. Nach dem Motto: „Wer so viel Unsinn erzählt und so viel Dreck am Stecken hat, der muss doch irgendwelche geheimen Stärken haben und im Grunde ein guter Kerl sein … „Au weia …“

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