7. Oktober 2024

Management auf den Punkt gebracht!

FOPO

KRITIK: Schon mal gehört: „Was soll denn der Nachbar denken?“ Oder: „Was soll der Chef / die Kollegin denken?“ Wem das vertraut klingt, der könnte an FOPO leiden – an der „Fear of People’s Opinion“. Ist das schlimm? Kommt drauf an. Das interessante Experiment, über das ein Leistungspsychologe im Harvard Business Manager berichtet (Keine Angst!), klingt spannend. Man hat einen Top-Golfer, einen Hobby-Golfer und einen Golflehrer einem dreistufigen Belastungstest unterzogen.

Jeder sollte zunächst 18 Bälle, die über das Grün verteilt lagen, spielen. Dabei wurden Puls und Hirnaktivität gemessen. Der Top-Spieler lochte wie erwartet die meisten Bälle ein, alle zeigten leicht erhöhte physiologische Reaktionen. Dann stellte man Videokameras um das Grün auf. Bei allen stiegen Puls und Hirntätigkeit zuerst an, beim Profi normalisierte sich das aber schnell wieder und er kam auf ein ähnliches Ergebnis wie zuvor. Der Hobbygolfer war etwas schlechter. Aber beim Golflehrer blieben Puls und Hirnaktivität hoch und das Ergebnis fiel deutlich schlechter aus.

Im dritten Durchgang durften zusätzlich zu den Kameras noch 100 Zuschauer dem Spektakel beiwohnen. Das Ergebnis fiel ähnlich wie im zweiten Durchgang aus. Keine Frage – der Profi setzte seine mentalen Fähigkeiten ein, um die Situation zu bewältigen. Und er haderte auch nicht mit Fehlschlägen, sondern bewertete sein Ergebnis anhand der Qualität der Schläge. Der Hobbygolfer hatte Spaß. Der Golflehrer aber ärgerte sich und spielte entsprechend schlecht. Warum?

Bedrohte Identität

Weil er seine Identität als Experte bedroht sah. Was sollten die Zuschauer und der Top-Spieler nur von ihm, dem Fachmann, halten? Die (gefühlte) Bedrohung sorgte dafür, dass er in den „Überlebensmodus“ schaltet, d.h. sein Hirn ging in den Kampf- bzw. Flucht- oder sogar Erstarrungsmodus. „Aus einem Golfplatz in Florida. An einem sonnigen Sommertag.“

Das ist nichts Ungewöhnliches. Wir alle wollen, dass andere positiv über uns denken. Wir wollen Anerkennung. Und manchmal tauschen wir Anerkennung gegen Authentizität – lachen über einen Witz, obwohl er nicht lustig ist, stimmen zu, obwohl wir anderer Meinung sind. Bevor wir überhaupt wissen, was andere von uns denken. Ein antizipatorischer Mechanismus. „Nicht die negative Meinung selbst ist das Problem, sondern die Angst davor.“

Leistungs- vs. sinnorientierte Identität

Nachvollziehbar, dass eine solche Angst umso eher vorkommt, je höher jemand in der Karriereleiter aufsteigt. Der Autor nennt die Ursache eine „leistungsbezogene Identität“. Wir definieren uns darüber, wie wir im Vergleich zu anderen abschneiden. Unabhängig von objektiven Maßstäben. Hauptsache, nicht schlechter sein.

Und die Alternative? Die „sinnorientierte Identität“. Statt zu fragen „Wie schätzen die anderen meine Leistung=“ lieber „Bin ich meinem höheren Ziel treu?“ Und wie kriegt man das hin? Tja, leider endet hier die Geschichte auf der individuellen Ebene – da wird man wohl einen Coach fragen müssen.

Teampurpose

Allerdings können angeblich Unternehmen hier vorbeugend tätig werden. Indem sie z.B. sinnorientierte Teams fördern. Also weg von den kurzfristigen Zielen, stattdessen das höhere Ziel in den Mittelpunkt stellen. Das könnte z.B. so aussehen, dass ein Team nicht ein zahlengetriebenes Ziel vereinbart, sondern als höheres Ziel die gegenseitige Unterstützung definiert. Mit dem Ergebnis, dass sich die Mitglieder fragen, ob sie wirklich alles getan haben, um den Kolleginnen zu helfen, ihre Ziele zu erreichen. Als ihr höheres Ziel. Alles klar?

Keine Frage, es wäre sicherlich hilfreich, wenn man in einer Organisation beschäftigt ist, die keine ständigen Leistungsvergleiche anstellt. Und sinnorientierte Teamziele helfen sicher auch. Aber um so souverän wie der Golfprofi unabhängig von dem, was andere wohl gerade von ihm denken, seine „Aufmerksamkeit auf das zu richten, was er selbst in der Hand hat, und nicht auf das Endergebnis“, dazu gehört vermutlich noch eine Menge mehr.

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