INSPIRATION: Eine Top-Managerin von Pfizer erklärt im Harvard Business Manager, was sie unter wohlwollender Kommunikation (Gracious Communication) versteht (Bitte lächeln). Beim ersten Lesen dachte ich: Das ist nichts anderes als was man gemeinhin als „Anstand“ bezeichnet. Aber dann stolperte ich über ein Beispiel, bei dem ich nicht sicher bin, ob ich genauso gehandelt hätte.
Der Reihe nach: Dass wir alle es leichter hätten, wenn wir freundlich miteinander umgehen, wird niemand in Frage stellen. Aber wollen wir das überhaupt noch? Eine Feststellung zu Beginn, die nachdenklich macht: Laut einer Umfrage würden gerade mal 30% der Befragten mit einer bestimmten politischen Meinung jemandem helfen, der eine andere Meinung vertritt. Alles scheint zur Grundlagendebatte zu werden, der Umgangston wird rauer. Da braucht es vielleicht jemanden mit Gewicht, der uns erklärt, wie man es besser macht.
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Die Empfehlungen: Gerade wenn sich eine Situation schwierig und angespannt entwickelt, besonders freundlich auftreten. Was ja nun gar nicht unserer Prägung entspricht. Erwarten wir Angriffe und Beschuldigungen, werden wir uns innerlich wappen, sind auf Verteidigung oder Angriff eingestellt. Da sollen wir freundlich und gelassen bleiben? Viel verlangt, aber sinnvoll. Wut und Ärger sorgen dafür, dass der andere eher verstummt, Freundlichkeit führt zu Öffnung. Aber alles andere als einfach. Es bedeutet vor allem, vorbereitet zu sein.
Höflich bleiben
Der zweite Tipp: Niemals den anderen überrumpeln. Wer seinen Chef oder die Mitarbeiterin zwischen Tür und Angel auf unangenehme Dinge anspricht, darf sich nicht wundern, wenn das Gespräch schief geht. Also „vorwarnen“, fragen, wann es passt und informieren, worum es geht. Wenn ein Thema in einer Diskussion aufkommt, auf das Sie und ihr Gesprächspartner nicht vorbereitet sind, dann lieber unterbrechen und um eine Pause bitten. Wenn das nicht geht, z.B. in einem Teammeeting, dann lieber darauf verzichten, es sofort zu klären, sondern anschließend um ein Gespräch bitten, um die Sache zu klären.
Nun zu dem Tipp, der vermutlich besonders schwer umzusetzen ist: Die anderen gut aussehen lassen, sie und ihre Leistungen anerkennen. Auch dann, wenn der andere für etwas Anerkennung erhält, was man tatsächlich selbst geleistet hat. „Ehre, wem Ehre gebührt“ lautet die Überschrift hier. Soll heißen: Sorgen Sie dafür, dass diejenigen, die etwas geleistet haben, auch sichtbar werden. Die Leistungen anderer zu würdigen, zeugt von Reife und Selbstvertrauen. Und lässt uns zudem auch noch gut aussehen. Aber auch hinnehmen, wenn jemand Ehre einheimst, die ihm nicht gebührt? Das dürfte den meisten schwerfallen, dennoch empfiehlt die Autorin es. Klar, das wäre sehr souverän – aber würden wir nicht alle befürchten, dass der andere uns eher für schwach und ängstlich hält statt für selbstbewusst und souverän?
Ich persönliche würde vermutlich einen anderen Weg wählen. Öffentlich keine Klarstellung, das wäre eine Bloßstellung und macht eine weitere Zusammenarbeit schwierig. Aber warum nicht nachher ein Gespräch suchen und deutlich machen, dass man verärgert und zumindest verwundert ist?