11. Dezember 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Goldschürfer fördern

INSPIRATION: Mitarbeiter:innen sind manchmal ganz schön schlau: Sie gestalten ihren Arbeitsplatz nach ihren Vorstellungen um. Man könnte das aber auch als frech, anmaßend oder anarchistisch bezeichnen. Schließlich haben sich die Führungskräfte etwas dabei gedacht, als sie die Arbeitsplatzbeschreibung angefertigt haben.

Doch die Zeiten sind vorbei, in denen man die Mitarbeiter einschüchtern konnte mit Sprüchen wie: „Sie wurden nicht zum Denken eingestellt, sondern zum Arbeiten. Denken überlässt man den Pferden, die haben den größeren Kopf.“ Dieses tayloristische Motto war nicht nur immer schon dümmlich, weil dann Führungskräfte Pferde sein mussten, schließlich haben sie traditionell die Arbeitsvorbereitung und -ausführung gemanagt. Nein, seit den 90er-Jahren, als man Gruppenarbeit in Unternehmen einführte, hieß es doch plötzlich diametral entgegengesetzt: „Holt das Gold aus den Köpfen der Mitarbeiter!“ Mitarbeitende, die im Unternehmen bei Ausgaben jenseits der 10-Mark-Grenze den Vorgesetzten um Erlaubnis fragen mussten, managten doch im Privatleben Familien, kümmerten sich um die Altersversorgung, bauten sich Häuser. Doch im Unternehmen sollten sie kleine Brötchen backen: Das passte doch schon lange nicht mehr in die Landschaft.


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Job Crafting, also die Gestaltung der eigenen Arbeit, ist die zwangsläufig Weiterentwicklung dieser Idee vom „Gold in den Köpfen“: Die Mitarbeiterinnen kennen ihre Arbeit viel besser als die Vorgesetzen, sollen sie doch selbst entscheiden, wie man am effektivsten arbeiten kann. Man lässt das vonseiten der Führung also zu, dass die Mitarbeiter proaktiv werden. Weil sich das auch wunderbar in den Gedanken des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) integriert. Man gibt den Mitarbeiter:innen nicht nur ein „Rederecht“, sondern erteilt ihnen ein Mandat zum eigenverantwortlichen Handeln. Das Resultat: „work engagement“. Das ist sozusagen die Königsdisziplin von Arbeitsmotivation, -zufriedenheit und -leistung. Wir wissen das seit mehr als zwanzig Jahren.

Doch vielen Praktikern ist Job Crafting immer noch suspekt. Manche Kollegen missbilligen das Verhalten der Engagierten, unterstellen „Cherry Picking und Egoismus“ und beginnen, diese zu mobben, führt die Autorin Sibylle Kallwitz (Selbstgestaltung herbeiführen) aus. Auch Führungskräfte beäugen mitunter skeptisch die Job Crafter, weil diese doch bottom-up agieren und damit die Top-down-Maßnahmen der Führungskräfte konterkarieren. Dabei geht es den Aktiven meist schlicht darum, „ihrer Arbeit mehr Sinn zu verleihen sowie durch das Gefühl der Kontrolle ein positiveres Selbstbild und stärkeres Zugehörigkeitsgefühl zu entwickeln.“

Vielleicht ändern sich nun die Einstellungen so langsam: „Wer sein Unternehmen agil führen will und von seinen Beschäftigten erwartet, dass sie teilautonom und flexibel arbeiten, muss sie dazu auch befähigen,“ zitiert die Autorin Sibylle Kallwitz Colin Roth vom Nürnberger Beratungsunternehmens BlackBox/Open. Ein weiteres Argument für Job Crafting liefert Fernuni-Professor Jan Dettmers, der den Zusammenhang zum Gesundheitsmanagement herstellt: „Job Crafting fördere nachweislich die Gesundheit und führe zu einer besseren Gesundheitswahrnehmung.“ Job Crafting im Unternehmen nur zu dulden ist also schlicht zu kurz gesprungen. Man sollte es aktiv fördern. Auch das ist seit Mitte der 90er-Jahre bekannt und nennt sich seit dem transformationale Führung (Power to the Bauer). Das sollte sich so langsam herumgesprochen haben. So lauten die vier Grundregeln zur Förderung von Job Crafting:

  • Plane und steuere Job Crafting zielorientiert als qualitätsorientierten Prozess. Man sollte nicht bei „Widerworten“ stehen bleiben, sondern in den Dialog kommen zugunsten einer gemeinsamen Lösung. Deren Basis ist eine professionelle, partizipative Arbeitsanalyse.
  • Fördere die Entwicklung einer offenen, Job Crafting begünstigenden Unternehmenskultur. Ohne gegenseitiges Vertrauen und Wertschätzung und den Dialog wird das krampfig.
  • Trainiere die Gestaltungskompetenz der Mitarbeitenden. Die Erlaubnis zum Job Crafting ist das eine. Die Unterstützung durch Weiterbildung das notwendige andere.
  • Beuge Unstimmigkeiten im Team vor. Ohne Diskussion und Abstimmung im Team funktioniert Job Crafting nicht wirklich. Doch mit diesen Maßnahmen wird Teamentwicklung möglich.

Schlaue Mitarbeiter:innen zu maßregeln und zurück zu „Schusters Leisten“ zu schicken, ist folglich die dümmste Idee, die man haben kann. Schlaue Führungskräfte hingegen fördern ihre Mitarbeitenden und geben ihnen Handlungsspielraum (Eigenmächtig). – Ich bitte darum.

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