INSPIRATION: Konflikte gibt es auf allen Ebenen. Man kann nur erahnen, welche Kräfte losgetreten werden, wenn es Auseinandersetzungen zwischen oder innerhalb großer Unternehmen gibt. Da geht es mitunter um enorme Summen, und der Schaden kann gewaltig sein. Da verwundert es nicht, wenn das vorrangige Interesse aller Beteiligten darin besteht, dass nichts nach außen dringt. Selbst wenn der Fall schon vor Gericht gelandet ist, sind die Beteiligten nicht sonderlich erpicht darauf, dass der Streit in der Öffentlichkeit ausgetragen wird. Er schadet der Reputation der Unternehmen, was Auswirkungen auf Investoren, Kunden und Lieferanten haben kann. Und letztlich schadet es der Karriere.
Mit anderen Worten: Die Motivation der Konfliktparteien sollte in der Regel hoch sein, sich ohne großes Aufsehen zu einigen. Und dennoch: Die Zahlen spielen auch hier nicht die wichtigste Rolle. Es geht um Ärger, Frust, Missverständnisse. Und die Bedürfnisse sind wie in jedem Konflikt die gleichen: Der Wunsch nach Anerkennung, Wertschätzung und Rehabilitation.
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In einem Beitrag der Zeitschrift für Konfliktmanagement (Mediation in großen Wirtschaftskonflikten) zeigen drei Richter, die sich als Mediatoren betätigen, wie sie in sechs Fällen von zum Teil hoch komplexen Streitigkeiten vorgegangen sind; und nicht alle waren erfolgreich. Neben der Zusicherung zur absoluten Vertraulichkeit zeigen sich weitere typische Merkmale solcher Konflikte.
Erfolgsfaktoren
- Der organisatorische Aufwand ist erheblich, vor allem spielen zahlreiche Einzelgespräche eine große Rolle. Die Verhandlungen können sich über viele Tage hinziehen.
- Wichtig ist, dass (nach der Klärung der Vertraulichkeit) zuerst ein Einvernehmen darüber erzielt wird, „welche Themen mit welchen Verhandlungspartnern in welcher Reihenfolge besprochen werden.“ Wenn es zu Verletzungen der Agenda kommt, ist der Abbruch eine Option. Deshalb müssen alle Änderungen mit allen Beteiligten besprochen und deren Einverständnis eingeholt werden. All das ist schon eine große Herausforderung. Aber wenn es gelingt, kann diese Einigung die Motivation der Beteiligten erhöhen, sich im weiteren Verlauf konstruktiv einzubringen. Natürlich werden die Schritte schriftlich fixiert und allen zugänglich gemacht.
- Ein zentraler Punkt ist die „Teilnahme der tatsächlichen Entscheider an den Gesprächen.“ Das ist mitunter extrem schwierig. Denn diese benennen oft Verhandlungsführer, die sich dann immer rückversichern müssen, was den Prozess schwierig macht. Hier muss die Mediatorin großen Wert darauf legen, dass die Verhandlungsführer im eigenen Lager über eine große Akzeptanz und Autorität verfügen. Es kann notwendig sein, die Zusammensetzung der Verhandlungspartner veränderten Umständen anzupassen (z.B. wenn man auf beiden Seiten Vertreter bestimmt, von denen man weiß, dass sie sich gegenseitig sehr schätzen, statt solche auszuwählen, die persönlich weniger harmonieren). Hier muss der Mediator darauf achten, dass die Vertreter von ihrer Gruppe einvernehmlich bestimmt werden.
Beispiele
Die sechs Beispiele in dem Beitrag sind schon beeindruckend. Da hatte ein Vorstand fehlerhafte Kapitalmarkt-Informationen herausgegeben, Privatanleger und institutionelle Investoren klagten auf Schadensersatz. Interessant an diesem Fall: Die Parteien ließen sich jeweils durch Rechtsanwälte vertreten. Hier wird der enorme Aufwand besonders deutlich – allein für die Vertraulichkeitserklärung wurde ein eigenen Termin benötigt. Auch spannend: Beide Seiten hatten Prozessrisiko-Analysen erstellt, dabei waren beide zu dem Ergebnis gelangt, dass ihre eigenen Chancen hoch waren, der Gegner eine vernichtende Niederlagen erleiden würde. Der Zeitraum der Mediation wurde auf mindestens ein Jahr festgelegt, es gab fünf Verhandlungstage, unzählige Einzelgespräche und Telefonate. Am Ende standen eine Kompensation für die Anleger, keine negative Außenwirkung für das Unternehmen, für die Anwälte zufriedene Mandanten und für das Gericht 30 komplizierte Verfahren weniger.
Noch ein Beispiel: Ein Gründer lag im Streit mit seinen Nachfolgern, die das Unternehmen neu ausrichten und umstrukturieren wollten, wogegen er sich wehrte. Hier kam es vor allem auf vertrauensbildende Maßnahmen zu Beginn an. Wichtig war hier ein Faktencheck, dem alle zustimmen konnten, sowie die Würdigung der Leistung des Gründers bzw. der Altvorstände und gegenwärtigen Geschäftsführer. Und gleichzeitig musste es gelingen, dass diese die veränderten Rahmenbedingungen als Fakt anerkannten und die Notwendigkeit der Weiterentwicklung des Unternehmens akzeptierten. Und auch hier war die Auswahl der Verhandlungspartner entscheidend – ruhige und einigungswillige Charaktere halfen, dass auch die unerbittlichen Gegner umgestimmt werden konnten.