REZENSION: Rolf Meier: Können Sie Hirnverführung? Die Praxisanleitung für Motivation auslösende Beeinflusser. Books on Demand 2018
Mein erster Eindruck zum Titel des Buches ist: O Gott, was soll das denn? Das Wort „Verführer“ triggert bei mir Ideen, die ich mit Motivation anderer Menschen nicht in Verbindung bringen will. Verführen ist doch eher etwas Intimes. Aber Rolf Meier hat natürlich Recht und der Titel hat ja auch bei mir bewirkt, was er vermutlich soll: Spannung zu erzeugen.
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Im Buch geht es darum, die Erkenntnisse der Hirnforschung in Bezug zu setzen mit gelingender Kommunikation. Bekanntlich hat jede Kommunikation die Absicht, beim Partner etwas zu bewirken. Meier beschreibt es als Veränderung oder Stabilisierung. Als Herausgeber dieses 150 Seiten starken Buches bietet er mehr oder wenige ansprechende Reflexions- und Anwendungsübungen an, sich das Thema zu erschließen und Möglichkeiten der Veränderung in der Kommunikation zu erlernen.
Auf den ersten 30 Seiten macht er das mit konkreten Situationen, die sich mit kommunikativen Ideen befassen: Attraktivität, Selbstwirksamkeit, Information, Anleitung, Anregung und Selbsterfahrung. Es schließt sich ein Fachteil über 70 Seiten an, der sich mit der wissenschaftlichen Sicht befasst. Die Gastautoren beschreiben die neurowissenschaftliche Ebene, den Konstruktivismus und die Lerntheorie. In diesem Kapitel, das aus meiner Sicht das stärkste ist, habe ich mich über die „Praxisanleitung“ von Rolf Meier ziemlich geärgert. Wie einem Erstsemester oder Gymnasiasten erläutert er die Texterschließung und das nicht einmal als generelles Vorgehen, sondern zu jedem der drei Texte erneut. Traut der Autor mir nicht zu, dass ich das einmal dargestellt wiederholt anwenden kann? Zudem ist das Niveau der wissenschaftlichen Texte dermaßen hoch, dass es einem Gymnasiasten kaum zuzumuten ist. Wer das versteht, hat sich selbst bereits eine Texterarbeitungsmethode angeeignet, die funktioniert.
Ebenso kindisch empfinde ich die jedem Text folgende Seite „Ihre wesentlichen Erkenntnisse“. Aber gut, es ist ja ein Praxisbuch, das kann man gerade noch durchgehen lassen. Meier selbst stellt seine Kernerkenntnisse jeweils auch dar und folgert am Schluss dieses Kapitels daraus die Konkretionen für Hirnverführung. Das wird dann in kurzen thematischen Abrissen erarbeitet. Hier hätte ich mir gewünscht, dass durch Praxisbeispiele die Theorie anschaulicher würde.
Der Anschaulichkeit ist das letzte Kapitel gewidmet, wenn Praxisübungen geboten werden. Die ausgewählten Praxisbeispiele bieten einen bunten Reigen von Lebenssituationen vom Heiratsantrag über den Kindergeburtstag und die Kündigung bis zu Coachingsituationen oder Verkaufstraining. Dabei wird zu jeder Übung mit immer gleichen Worten an die Merkmale erfolgreicher Hirnverführung erinnert, nachdem in der Einleitung zu diesem Kapitel dasselbe bereits geschrieben steht.
Auch hier bin ich irritiert – was soll das? Werde ich als Lesender wirklich für so dumm gehalten, dass ich immer wieder das Gleiche lesen muss? Okay, vermutlich macht man nur jeweils eine Übung und dann ist es leichter, alles Relevante auf einer Seite stehen zu haben. Aber als Arbeitsblatt kommen diese Seiten ja nicht daher. Irgendwie passt das für mich nicht. Ebenso fehlt mir zu diesen Übungen eine mögliche Lösung – nicht eine Musterlösung, denn es gibt ja individuell unterschiedliche Ergebnisse.
Nachdem Rolf Meier zu den wissenschaftlichen Texten jeweils seine persönliche „Lösung“ präsentiert hat, würde ich das hier auch erwarten. Dennoch ist das Buch sicher eine sinnvolle Ergänzung im Markt der Literatur zum Thema Kommunikation und Motivation.