INSPIRATION: Das ist schon absurd – auf der einen Seite hören wir Forderungen nach einer neuen Leistungskultur, dass die Menschen hierzulande bequem geworden sind und sich mal wieder mehr ins Zeug legen sollen. Auf der anderen Seite steigt der Krankenstand und die Menschen klagen über eine zu hohe Arbeitsbelastung. Wie so oft im Leben ist ja nicht nur das eine oder das andere richtig. Aber wie ist es denn nun mit der Belastung?
Laut einer Studie sind zwei Drittel der Befragten der Meinung, dass die Last in den letzten Jahren zugenommen hat, nur sieben Prozent verspüren weniger Stress (Wir schaffen das!). Alles eine Frage der Einstellung? Ich fürchte nicht.
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In Kanzleien zum Beispiel geht es am Ende immer darum, wie viele Stunden man den Mandanten in Rechnung stellen kann. Dieses System verführt ja geradezu, Stunden sammeln, auch Überstunden. Wer da zugibt, dass er an der Belastungsgrenze angekommen ist, der muss schon ein dickes Fell haben, um sich keine Sorgen um einen Gesichtsverlust zu machen. Oder aber er hat Angebote von der Konkurrenz vorliegen, dann wundert sich der Chef, wenn plötzlich gute Leute gehen.
Belastung ansprechen?
Was also tun als Arbeitgeber? Auf die Signale achten, zum Beispiel auf viele Überstunden und hohe Fehlzeiten. Sollte man von sich aus das Thema Arbeitsbelastung ansprechen? Eine Expertin rät eher ab, das verführe dazu, dass geklagt wird. Zumal ja Belastung nicht für jeden gleich erlebt wird. Also doch lieber warten, bis sich die Betroffenen melden? Dann ist es vielleicht zu spät.
Ein kleineres IT-Unternehmen hat ein Procedere entwickelt, das mir sinnvoll erscheint. Dort werden die Überstunden aufgelistet ebenso wie der Resturlaub, und beide Daten werden im Teammeeting angesprochen. Außerdem werden die Aufgaben regelmäßig neu priorisiert, so lässt sich die Belastung besser steuern. Ein Unding in vielen Unternehmen ist ja gerade, dass die Mitarbeitenden mit den Aufgaben zugeschüttet werden und alles scheinbar gleich wichtig ist. Hat man das eine geschafft, kommt schon die Frage, wie weit denn das andere sei. Eine Priorisierung der Aufgaben im Team hilft da ungemein.
Ziele abgleichen
Noch ein innovativer Ansatz: In der Firma werden Mitarbeitende gebeten, sich im Team darüber auszutauschen, welche fünf Dinge sie im Leben unbedingt noch erreichen oder erleben möchten. Und dann wird geschaut, wie das mit den Unternehmenszielen in Einklang zu bringen ist. So wurde das Thema „Zielvereinbarungen“ sicher in den wenigsten Unternehmen verstanden.
In Konzernen gibt es weitere Möglichkeiten, die klingen allerdings vertraut: Hilfe bei persönlichen Problemen, z.B. bei der Suche nach einen Kindergartenplatz oder einem Therapieplatz. Oder bei der Pflege von Angehörigen (Axa). Das können kleinere Firmen vermutlich eher nicht leisten, aber auch sie können zumindest diese Dinge ansprechen und Rücksicht nehmen.
Und schließlich: Was tun, wenn ein interessantes Projekt reinkommt, aber alle unter der Last der aktuellen Projekte stöhnen? Wie wäre es, wenn der Chef dann mal selbst einspringt? Vielleicht bekommt er oder sie dann einen etwas anderen Blick auf den Umfang der Arbeiten und zeigt beim nächsten Mal mehr Verständnis.