INSPIRATION: Es geschieht ständig, täglich. Wir stehen an der Fleischtheke und jemand drängelt sich vor. Wir haben eine Idee und ein anderer wird dafür gelobt. Wir haben bei der letzten Diskussion nachgegeben, aber der andere denkt nicht daran, jetzt einzulenken. Menschen fühlen sich ungerecht behandelt und wehren sich. Schwierig für Führungskräfte.
„Wir sehnen uns nach Gerechtigkeit und können das Gegenteil kaum ertragen.“ (Gerechtigkeit – eine ganz reale Illusion). Etwas wird dann als ungerecht erlebt, wenn unser Bedürfnis nach Balance, nach Ausgewogenheit nicht erfüllt, verletzt wird. Wem auf diese Weise Ungerechtigkeit widerfuhr, der drängt auf Wiedergutmachung. Das kann eine Entschuldigung sein, im Extremfall sogar Rache. Das Schwierige daran: Derjenige, der sich ungerecht behandelt fühlt, sagt dies nicht unbedingt. Kinder haben damit kein Problem: „Das ist unfair!“ kommt ihnen leicht über die Lippen.
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Ein erwachsener Mitarbeiter aber geht nicht zu seinem Chef und sagt: „Ich fühle mich unfair behandelt, weil der Kollege zu spät kommen kann wie er will, aber wenn ich einmal einen Termin verpasse, dann wird sofort Kritik geübt.“ Irgendwie fühlt sich das Argument „das ist ungerecht“ nach weinerlicher Jammerei an. Und erst recht nicht: „Es ist ungerecht, wie ich hier behandelt werde. Ich erwarte dafür Genugtuung oder zumindest eine Entschuldigung.“
Jammern verpönt
Was wird er stattdessen vorbringen? Alle möglichen Begründungen wie: „Ich habe noch nie einen Termin verpasst!“ oder „Es ist doch gar kein Schaden entstanden!“ oder „Das lag nur daran, dass …“ Menschen, die besonders unter Ungerechtigkeit leiden, werden in der Regel extrem hartnäckig, immer wieder mit den Beschwerden auftreten und sie mit vielen zum Teil absurden Begründungen vortragen. Und eine lange Liste von „Verfehlungen“ von anderen anlegen, die sie Punkt für Punkt belegen können.
Wenn man genauer hinhört, kann man durchaus schnell erkennen, das dahinter das Gefühl, unfair behandelt zu werden, steckt. Was nur wenig hilft, weil derjenige das eher selten zugibt. „Es geht nicht um fair oder unfair, mir geht es nur um die Sache!“ Wie gesagt: Lieber noch so absurde Rechtfertigungen einsetzen als zugeben, dass man sich gegenüber anderen zurückgesetzt fühlt.
Was hilft dann?
Das gute alte aktive Zuhören.“Sie ärgern sich über meine Kritik, Sie finden sie übertrieben.“ – „Ja klar, ich halte mich immer an alle Termine, aber diesmal war das einfach nicht möglich, weil …“ – „Ich habe also Ihrer Begründung nicht genug Beachtung geschenkt.“ – „Naja, zumindest habe ich das nicht wahrgenommen.“ – „Ich sollte also besser zuhören, ehe ich Kritik äußere.“ – „Oder vielleicht erst mal nachfragen, was passiert ist, ehe Sie kritisieren …“
Ich habe mehr als einmal erlebt, dass jemand, der immer wieder und wieder gegen eine Entscheidung vorgegangen ist, die er für falsch und voreilig hielt und sich immer stärker in eine Außenseitersituation manövriert hatte. Bei der nächsten Situation ging das Team auf seine Bedenken ein, hinterfragte sie und hielt sie erst einmal fest, ohne sofort zu entscheiden. Nach kurzer Zeit lenkte er ein und sagte zu, die Entscheidung zu unterstützen. Es ging letztlich darum mit seinen Bedenken wahr- und angenommen zu werden.