INSPIRATION: Mir geht es beim Lesen vieler Texte so wie bei dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Sie beginnen mit Sätzen wie „Durch die Digitalisierung verändert sich die Welt …“. Langweiliger geht es nicht. Und leider beginnen auch viele Seminar- und Coaching-Angebote ähnlich. Schon beim Titel können kleine Änderungen Wunder bewirken. Statt zum Beispiel „Gut eingestimmt – Atmung, Stimme, Artikulation“ änderte eine Volkshochschule die Kursbezeichnung in „Stimmtraining für Vielsprecher – Atmung, Stimme, Artikulation“. Während sich vorher niemand für das Angebot interessierte, gab es nach der kleinen Änderung Wartelisten.
So einfach ist das? Könnte durchaus sein. Also statt das fünfzigste „Kreativitätstraining“ anzubieten, könnte der Titel lauten: „Lösungen lauern überall“. Statt des hundertsten „Führungskräftetrainings“ wäre „Entspannt durch den Führungsalltag“ ein interessantes Angebot. Wobei Günter Frosch dazu rät, beim Verfassen von Texten nicht unbedingt mit dem Titel zu beginnen, sondern ihn erst einmal als Arbeitstitel zu verstehen. Der eigentliche Titel ergibt sich dann aus dem Text. Wobei es nicht zu empfehlen ist, die gängigen Schlagworte ganz wegzulassen. Die Menschen suchen im Internet natürlich nicht nach „Führungsalltag“, sondern nach „Führungstraining“. Also sollten die langweiligen, aber wichtigen und gängigen Begriffe im Untertitel auftauchen (Führungskräftetraining: Herausforderungen durch die Digitalisierung).
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Weiter geht es mit dem ersten Satz (siehe oben). Niemand mag mehr lesen, dass die einzige Konstante heutzutage die Veränderung ist. Stattdessen sollte man direkt zur Sache kommen. Ein witziger Tipp: Stellen Sie sich vor, Sie kommen nach Hause und möchten die wichtigste und interessanteste Geschichte Ihres Tages loswerden. Noch während Sie den Mantel ausziehen, rufen Sie Ihrem Partner, der in der Küche agiert, zu: „Stell dir mal vor, was heute passiert ist …“ So in etwa sollte der Einstieg in einen Text aussehen.
Es könnte zum Beispiel eine Frage sein wie: „Ihre Mitarbeiter beschweren sich immer häufiger über die zunehmende Belastung?“ Oder ein konkretes Beispiel: „Sie halten am Ende des Seminars praktische Leitfäden und Anwendungshilfen für … in den Händen.“ Oder eine These: „Wer die richtige Mischung aus Leistungs- und Teamgedanken findet, wird nicht nur überdurchschnittliche Ergebnisse, sondern auch zufriedene Mitarbeiter erhalten.“
Wenn Sie sich dann an die Beschreibung der Inhalte machen, sollten Sie vom Nutzen her denken. Sie haben ein schönes Seminarkonzept und sind davon überzeugt, dass Ihre Teilnehmer hiervon profitieren werden? Dann sollte es nicht schwer sein, für jeden einzelnen Baustein einen Nutzen für die Teilnehmer zu beschreiben. Nehmen wir den Leitfaden. Im Text steht dann nicht: „Sie halten am Ende einen Leitfaden in den Händen, der ihnen hilft …“ sondern: „Sie werden erfolgreiche Kundengespräche führen, weil Sie einen Leitfaden in den Händen halten, der …“ Hier steht der konkrete Nutzen für den Kunden an erster Stelle und wird sofort deutlich. Der Leitfaden ist zwar der Inhalt, aber eben nur der Weg zum Nutzen.
Wobei Sie bei all dem immer Ihre Zielgruppe im Auge behalten müssen. Die Texte werden anders aussehen, wenn Sie zum Beispiel damit die Personalentwickler in den Unternehmen erreichen möchten, als wenn Sie sich direkt an die Führungskräfte richten. Knifflig, aber wichtig. Also: Wer entscheidet, ob Ihr Seminar „eingekauft“ wird? Ist der „Einkäufer“ identisch mit dem „Nutzer“? Wenn nicht, müssen Titel, Einstieg und Text vor allem dem Einkäufer „schmecken“.
(Nach: Günther Frosch – Mit Worten verkaufen – Training aktuell, 09/2015, S. 36-39)