PRAXIS: Was tun Sie, wenn Sie gerade mal wieder der Ärger übermannt? Oder Ihnen kurzzeitig alles über den Kopf zu wachsen droht? Kurz: Wenn Sie intensiven Stress erleben und Ihre Handlungsfähigkeit eingeschränkt ist. Und selbst wenn letzteres noch nicht dramatisch ist, aber Ihr Wohlbefinden stark leidet?
Eine schnelle Intervention ist bewusstes Ein- und Ausatmen. Keine wirklich neue Sache. Aber Hand aufs Herz: Wem von Ihnen fällt genau das in solchen Momenten ein? Dabei ist es doch alles andere als kompliziert. Die klassische „Wenn-dann-Geschichte“. „Wenn mir mal wieder alles über den Kopf wächst, greife ich zu …“. Oder: „Wenn ich merke, dass mir der Kamm schwillt und der Puls hochgeht, dann …“.
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Die Wirkung des bewussten Ein- und Ausatmens ist wohl hinlänglich nachgewiesen (Bitte tief durchatmen!). Wenn wir uns aufregen, ist unser Sympathicus aktiv. Das ist der Teil unseres autonomen Nervensystems, der für die „Kampf- und Fluchtreaktion“ verantwortlich ist. Dazu pumpt unser Herz schneller Blut in die benötigten Körperregionen, und unser Atem wir flacher und schneller. Zusammen mit der Freisetzung von Stresshormonen sorgt das dafür, dass wir bereit sind, loszuschlagen oder die Flucht zu ergreifen.
Kampf- und Fluchtreaktion
Beides aber ist in unserem Alltag nur selten eine gute Idee. Denn komplexe Situationen erfordern eher einen kühlen Kopf – zum Nachdenken, Innehalten, Abwägen. Wie aber teilt man das seinem Sympathicus mit? Indem man den Parasympathicus ins Spiel bringt, das ist das System, das für Ruhe und Regeneration zuständig ist, uns herunterfährt und dafür sorgt, dass wir uns erholen.
Dass wir in Ruhe deutlich langsamer atmen als unter Stress, ist keine Neuigkeit. Dass es auch umgekehrt funktioniert – also den Stress abbauen, indem man langsamer atmet – schon weniger. Wie funktioniert es?
- Box Breathing: Hier wird die Atmung in vier gleich lange Phasen aufgeteilt: Wir atmen langsam durch die Nase ein und zählen dabei bis vier, halten den Atem an und zählen dabei bis vier, atmen langsam aus und zählen dabei bis vier und halten erneut den Atem an und zählen dabei bis vier.
- 4711-Atemtechnik: Wir atmen langsam durch die Nase ein, und zwar in den Bauch (auch Zwergfellatmung genannt) und atmen dann noch langsamer wieder aus. Beim Einatmen zählen wir bis vier, beim Ausatmen bis sieben. Das Ganze dann 11 Minuten lang.
In den Fallbeispielen berichtet eine Betroffene, das oft zu viel los ist und dann 11 Minuten Atmen als spontane Reaktion auf Stress zu lang sind. Meine eigene Erfahrung zeigt, dass man das sehr wohl trainieren kann. Also in Phasen, in denen weniger los ist, sich wirklich mal die Zeit nimmt und sich elf Minuten Zeit für eine Atemtechnik nimmt.
Wer so trainiert in Stress gerät, der merkt dann schon nach wenigen Atemzügen, dass eine Entspannung einsetzt und der Fokus wieder auf die Situation gerichtet werden kann. Aber auch das stimmt: Manche Menschen macht es total unruhig, wenn sie plötzlich nichts anderes tun sollen als sich auf den eigenen Atem zu konzentrieren. Daher gilt es, einfach zu experimentieren und zu schauen, ob es einem gut tut. Und sich eventuell auch nach anderen „Techniken“ zur 1. Hilfe umschauen (Achtsames Innehalten).
Richtiges atmen ist eine uralte Kulturtechnik. Ob im Schwangerschaftskurs, imTraining, ob Sänger oder Schauspieler usw.
Es beruhigt, sorgt für ein Wohlbefinden und aktiviert neue Unternehmungslust. Hier ein paar Anregungen: Wandeln Sie die 4711 in eine 475 Übung, dabei gerade sitzen, schauen Sie nach vorne und betrachten Sie dabei eine „harmonische Situation/Bild“. Legen Sie Ihre Hände mit den Handrücken auf Ihre Schenkel.
Probieren/trainieren Sie diese Übung ohne konkreten Anlass. Vor einer möglichen unangenehmen Situation – Gespräch oder Telefonat – sich mit dieser Übung entspannen. Diese Übung hilft übrigens auch gut zum einschlafen.