INSPIRATION: Multimedial lernen – ein etwas in die Jahre gekommener Begriff in Zeiten von E-Learning und Co., oder? Andererseits: Gerade die vielfältigen Möglichkeiten der digitalen Welt bieten die Chance, Texte und Abbildungen noch mehr zu verknüpfen. Was allerdings das Lernen nicht automatisch erleichtert.
In einer Ausgabe der Weiterbildung habe ich eine Studie gefunden, bei der die Blickbewegungen von Lernenden aufgezeichnet wurden und hieraus Rückschlüsse auf den Lernerfolg gezogen wurden (Lernpotenziale richtig nutzen). Dabei zeigt sich, dass eine Kombination aus Text- und Bildmaterial nicht unweigerlich dazu führt, dass die Inhalte besser verarbeitet werden. Der Lernende muss dreierlei leisten:
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- Selegieren – die relevanten Inhalte aus Text und Bildern auswählen.
- Mental organisieren – er muss sowohl aus Text als auch den Bildern ein mentales Modell
anfertigen, und zwar für beides getrennt. - Integrieren – er muss die beiden Modelle aufeinander beziehen und integrieren.
Bei der Analyse der Blickbewegungen nun haben die Forscher herausgefunden, dass Lernende häufig die Bilder nicht lange genug betrachten, um sie mit den Texten zu verbinden. Damit sie genau das tun, kann man sie unterstützen, und zwar
- durch entsprechende Gestaltung der Materialien
- durch Training.
Man kann zum Beispiel beim Lernmaterial die Passagen in den Texten ähnlich farbig markieren wie die dazu passenden Elemente in den Grafiken und Bildern – so wird dem Lernenden geholfen, die Elemente schneller zu finden und zu verknüpfen. Klingt nicht so schwierig, wird aber sicher selten gemacht, oder? Nun kommt der Knackpunkt: Menschen, die schon tiefer im Thema stecken und die Bilder auch ohne solche Hilfen ausreichend lange betrachten, werden durch diese Hilfen eher gestört (Expertise-Umkehr-Effekt), sie werden abgelenkt. Soll heißen: Diese Art der Gestaltung des Materials hilft vor allem jenen, die eher ein geringes Vorwissen haben.
Das macht es für uns Weiterbildner und Trainer natürlich schwierig. Dann müsste sich unser Lernmaterial nämlich anpassen (adaptive Systeme), also erst erfassen, wie fit die Teilnehmer schon sind und je nach Vorwissen entweder farbig markiertes oder „normales“ Bild- und Textmaterial enthalten. Da muss uns die Digitalisierung wohl irgendwann zur Hilfe eilen.
Und wie sieht es mit dem Training der Lernenden aus? Kann man sie schulen, Bild und Text besser zu verknüpfen? Man kann. Zum Beispiel durch „Eye Movement Modeling Examples“. Man spielt ihnen Filme von aufgezeichneten Augenbewegungen vor, damit macht man ihnen das Prinzip bewusst, das soll helfen. Auch für uns Trainer vielleicht eine Nummer zu groß, man fragt sich, wo das angewendet werden könnte. Vielleicht in der Schule oder der Uni?
Und schließlich „Wenn-Dann-Pläne“. Man trainiert die Lernenden, sich etwas vorzunehmen, und zwar eine ganz einfache Geschichte: „Wenn ich einen Textabschnitt gelesen habe, dann suche ich die passenden Inhalte im Bild.“ Einen solchen Vorsatz kann man internalisieren, so dass die Handlung (die Inhalte im Bild suchen), automatisch durchgeführt wird.
Mein Fazit: Solche Forschungen zeigen uns, wie komplex doch die Geschichte mit dem Lernen ist, und jeder Versuch, mit einfachen Methoden uns Menschen zu helfen, besser und schneller zu lernen, vermutlich ins Leere läuft. Von all dem, was ich aus dem Beitrag erfahren habe, scheint mir die Empfehlung mit dem „Wenn-Dann“-Vorsatz noch die praktikabelste zu sein.