INSPIRATION: Über die Kraft der Sich-selbst-erfüllenden-Prophezeiung ist schon viel geschrieben worden. Hier kommt ein neues Beispiel, das doch sehr verblüfft: Menschen können an unserem Gesicht erkennen, wie wir heißen. Kann das sein?
Offensichtlich. Auch wenn das Interview im Harvard Business Manager (Wir sehen aus, wie wir heißen) eher witzig daherkommt, weil der Redakteur Scott Berinato darauf besteht, dass er richtig gut aussieht – Satire scheint es nicht zu sein. Forscher haben Menschen Fotos und eine Auswahl von Namen vorgelegt. Die Trefferquote lag über dem Zufallswert.
Nun kann das viele Ursachen haben, aber das Folgeexperiment gibt einem doch zu denken: Man setzte einem Computer 100.000 Gesichter vor und gab ihm zwei Namen zur Auswahl: den richtigen und einen fiktiven. Zuvor hatte man ihm „beigebracht“, wie eine Charlotte aussieht und wie Menschen aussehen, die nicht Charlotte heißen. Die Trefferquote lag bei 54 bis 64% – das dürfte in der Tat nicht passieren.
Schlussfolgerung der Autoren der Studie: Es gibt Stereotype in jeder Gesellschaft, wie jemand mit einem bestimmten Namen auszusehen hat. Diesem Stereotyp versuchen wir uns anzupassen – unbewusst natürlich. Der tiefere Grund soll darin liegen, dass wir seit Beginn der Menschheit versuchen, der Außenwelt zu zeigen, welchem „Stamm“ wir angehören. Soll also heißen: Ein Armin trägt die Haare anders als ein Winfried oder ein Markus. Und der Ausdruck von Auge, Nase und Mund hat bei einer Inge anders auszusehen als bei einer Margit oder Monika.
Verrückt? Vielleicht. Aber ohne jetzt den Rothaarigen etwas zu wollen: Wenn Menschen anderen mit einer bestimmten Haarfarbe bestimmte Eigenschaften zuschreiben, dann werden sie diese „passend“ zu diesen Eigenschaften behandeln. Was diese wiederum bewegen wird, sich den Erwartungen anzugleichen. Und wie schwer es ist, Menschen völlig ohne Vorurteil oder Klischee zu begegnen, dürfte jeder von uns kennen. Gehen Sie dazu mal nur über eine gefüllt Fußgängerzone und achten darauf, welche Urteile Ihnen beim Betrachten der Menschen unwillkürlich durch den Kopf schießen. Und das allein aufgrund der äußeren Erscheinung.
Welchen praktischen Nutzen haben solche Studien? Wenn es möglich ist, Verhalten anderer zu beeinflussen allein dadurch, dass wir ein bestimmtes Bild von ihnen haben – wie wichtig ist es dann, das eigene Bild des anderen möglichst positiv zu gestalten? Vor allem, wenn Sie Führungskraft sind. So könnten wir ohne großen Aufwand die Welt ein wenig besser machen….