10. Mai 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Neid

INSPIRATION: Früher war das große Auto vor Nachbars Garage, der Titel an der Bürotür oder auf der Visitenkarte bzw. die Anzahl der Bürofenster der fruchtbare Nährboden für ein zutiefst menschliches Gefühl. Heute geht das viel einfacher und beeinträchtigt unsere Lebensqualität massiv.

Eigentlich wollte ich ja nur noch Artikel rund um Themen wie Führung, Personal- und Organisationsentwicklung schreiben, aber das hier sprang mich einfach an. Anlass ist mal wieder eine Kolumne von Rolf Dobelli im Handelsblatt (Spieglein, Spieglein an der Wand). Darin zitiert er den Nobelpreisträger Bertrand Russell, der Neid als eine der wichtigsten Ursachen von Unglück bezeichnete. Neid macht uns unglücklicher „als körperliche Gebrechen oder finanzieller Ruin„.


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Dobelli erklärt zum einen, dass Neid uns vor allem dann trifft, wenn wir uns mit Menschen vergleichen, die uns ähnlich sind. Der Hobby-Sportler wird keinem Superstar die Siegesprämien neiden, aber Top-Spieler untereinander packt der Neid. Wir sind auch nicht neidisch auf den CEO unseres Unternehmens, wohl aber auf den Kollegen, der den Job bekommen hat, den wir gerne hätten. Und natürlich auf den Nachbarn, der sich den dicken Schlitten vor die Tür stellt oder den noblen Pavillon in den Garten.

Dobellis Tipp: Hören Sie auf sich zu vergleichen! Ha, leichter gesagt als getan, oder? Zumal jetzt Ungemach von ganz anderer Seite droht. Seit Facebook und Co. braucht der Nachbar gar kein großes Auto mehr. Es reicht ja, wenn er Fotos von der letzten Afrika-Safari postet. Oder von der letzten Kreuzfahrt, samt Familie oder neuer Freundin braungebrannt auf dem Oberdeck. Und selbst wenn er all das gar nicht hat: Er muss sich ja nur neben einem für einen Tag gemietetes Nobel-Cabrio ablichten lassen…

Und damit nicht genug: Wir werden aufgefordert, unsere Erinnerungen mit ihm zu teilen – dazu bekommen wir Fotos von seinem New-York-Marathon von vor fünf Jahren präsentiert, ob wir wollen oder nicht. Und auf LinkedIn werden wir aufgefordert, ihm zum neuen Job oder zur Partnerschaft in seiner Kanzlei zu gratulieren. Wie soll man denn da den Vergleich unterlassen?

Ich fürchte, der Tipp mit dem „Vergleichen Sie sich mit niemandem“ funktioniert nicht. Da gefällt mir schon der letzte Rat besser: Bleiben Sie bescheiden. Also verzichten Sie auf das Zur-Schau-Stellen Ihrer Erfolge. Machen Sie einfach nicht mit. Überlegen Sie, was Sie alles bei Facebook, Xing und LinkedIn einstellen KÖNNTEN, wenn Sie denn wollten und was dann die anderen wohl fühlen werden. Das könnte schon recht zufrieden machen.

Am Schluss doch noch etwas zum Thema „Organisationsentwicklung“: Dobelli meint, transparente Gehälter seien auch Anlass für Neid und deutet damit an, dass es wohl besser ist, wenn ich erst gar nicht erfahre, was mein Kollege verdient. Mag sein. Nur ahne ich vermutlich ohnehin, wie hoch sein Gehalt ist, wenn er es mir nicht selbst verrät. Oder schätze es höher ein als es tatsächlich ist. Da würde ich das mit der Transparenz vorziehen und dann dafür sorgen, dass es einigermaßen fair zugeht. Denn letzteres haben Organisationen schließlich in der Hand – was die Mitarbeiter mit dem Geld machen  (siehe oben) sicher nicht.

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Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

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