2. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Organisationsdemokratie

INSPIRATION: Eine interessante Frage: Würde es in einer selbst organisierten, demokratischen Organisation zu Massenentlassungen, Verlagerung von Arbeitsplätzen in Billiglohnländer und Betriebsschließungen kommen? Oder ist gerade das ein Vorteil der Hierarchie – dass eben solch „notwendige“ Entscheidungen zum Wohle des Unternehmens (?) getroffen werden?

Die Frage selbst wird in den Beiträgen der Weiterbildung zum Thema „Demokratisierung in Unternehmen“ nicht gestellt, wohl aber kritisiert, dass Konzerne auf der einen Seite solche Maßnahmen ergreifen, auf der anderen mit großem Getöse agile Selbstorganisationsmethoden einführen. In dieser Ausgabe erklärt Stefan Kühl einmal mehr, dass die Idee ja alles andere als neu sei (Der Mythos des demokratischen Unternehmens). Und dass auch demokratische Organisationsformen ihre Schattenseiten haben. Darunter diese beiden:


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  1. Wenn Identifikation mit der Organisation, dem Prozess, dem Arbeitsbereich, dem Produkt oder der Sache an Stelle der finanzielle Anreize tritt, verliert die Organisation an Elastizität, Veränderungen werden schwierig, denn jeder würde versuchen, seine Vorstellung der Sache zu verteidigen. Hier hat Hierarchie die Funktion, Veränderungen durchzusetzen. Und die Prämien abstrahieren von den Zwecken, so dass sie flexibel zur Motivation eingesetzt werden können.
  2. Der Verzicht auf Hierarchie bedeutet, dass es zu einer Zunahme an Machtspielen kommt, weil das Machtvakuum gefüllt sein will. Die Folge sei der berühmte Korb voller Krebse, bei denen sich alle gegenseitig kneifen, um nach oben zu kommen. In Hierarchien hingegen sind die Machtbeziehungen „verstetigt.“

Letztlich also nichts weiter als alter Wein in neuen Schläuchen, eine neue Sau, die Berater durch’s Dorf treiben und an denen man sich zur Abwechslung mal wieder beteiligen muss, ohne dass sich in den Organisationen wirklich etwas ändert? Ich muss schon schmunzeln, denn wird nicht gerade von Führungskräften verlangt, transfomational zu führen, sprich: Dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter voller Begeisterung ihrer Vision folgen und sich mit dieser identifizieren?

Das Ende der Hierarchie?

Im gleichen Heft amüsiert sich auch Andreas Zeuch über die besonders klugen Menschen, die da meinen, das alles sei nicht neu (Wenn Mitarbeiter führen). Natürlich sei das nicht neu, im Grunde sei es schon viel älter als oft behauptet. Und natürlich seien die Ansätze in vielen Unternehmen eben nur ein Anfang demokratischer Unternehmensformen, aber noch lange nicht das Ende der Hierarchie. Und schließlich: In einem Unternehmen mit wertschätzender Führung kann es durchaus besser laufen als in einem selbstorganisierten Unternehmen, in dem sich die Mitarbeiter ausbeuten. Das bezweifelt ja niemand.

Er plädiert allerdings dafür, demokratische Organisationsmodelle nicht als Modeerscheinung, wie sie immer wieder auftreten, zu betrachten, sondern als echte Alternative. Vor allem aber, endlich mal mit einigen Missverständnissen aufzuräumen: Verzicht auf Hierarchie bedeutet nicht, dass immer alle alles mitentscheiden können, auch wenn durch die Digitalisierung die Möglichkeiten, viele Menschen an Entscheidungen zu beteiligen, jetzt gegeben sind. Es bedeutet auch nicht nur eine andere Organisationsform, sondern auch eine Diskussion um den Zweck von Organisationen. Hier fällt das Stichwort „Allgemeinwohl“.

Dem fällt es mir nicht schwer zuzustimmen. Alle, die wie Kühl die Schattenseiten der Demokratisierung betonen, haben ja nicht Unrecht. Nur was ist die Konsequenz? In der Gesellschaft mag ein guter, weiser und wertschätzender Monarch für seine Untertanen auch mehr Vorteile bringen als eine schlecht gemanagte Demokratie. Fordern wir deshalb den Fortbestand der Monarchie?

Beispiele

Zum Glück gibt es sie ja, die Beispiele von Unternehmen, die Führungskräfte tatsächlich abgeschafft haben. So wie die TELE Haase in Österreich (Vom Mitgestalter zum Gestalter), und das vor fünf Jahren. Vielleicht zu kurz um zu behaupten, die Alternative funktoniere auf Dauer. Auch hier wird erklärt, dass nicht alle Mitarbeiter den Weg mitgegangen sind, 30 Prozent hätten unterwegs das Unternehmen verlassen.

Nun werden Entscheidungen in vernetzten Gremien getroffen, und das funktioniert. Immer? Natürlich nicht, aber das funktioniert ja auch nicht immer in Hierarchien. Gibt es Chaos? Manchmal, sagen die Autoren. Bleiben jetzt alle Mitarbeiter an Bord? Auch nicht, einige machen sich selbstständig, offenbar bildet man Unternehmer aus.

Vielleicht noch ganz nützlich diese Hinweise: Wer in einer solchen Organisation bestehen will, braucht folgende Eigenschaften: Vertrauen, Neugier, Geduld, Lernbereitschaft. Er darf nicht konfliktscheu sein, sollte verständlich kommunizieren und aktiv zuhören können. Und in der Tat: In einer Hierarchie benötige ich manches davon nicht unbedingt – nach Anweisung zu arbeiten funktioniert auch ohne einige der Fähigkeiten …

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