INSPIRATION: Das war für mich neu: Es gibt Menschen, die sind auf der Suche nach einem Unternehmen, das sie kaufen wollen. Dabei werden sie von einer Gruppe von Investoren unterstützt, die ihnen Geld und Vertrauen geben – und zwei bis drei Jahre Zeit für die Suche. Search Fund nennt sich das, ein Nischenmarkt. Soll es schon seit 30 Jahren geben. Weltweit soll es 140 solcher Sucher geben, in Deutschland in 2021 gerade mal fünf (Warum gründen, wenn man kaufen kann).
Ein paar Zahlen: Der typische Sucher ist männlich, 30 bis 35 Jahre alt und hat einen MBA-Abschluss. Er wird unterstützt von ca. 10 Investoren, die etwa eine halbe Million Dollar zur Verfügung stellen. Die Suche dauert um die 20 Monate, der Kaufpreis beträgt im Schnitt 10 Millionen Dollar, der Umsatz der übernommenen Unternehmen ca. acht Millionen.
In dem Beitrag der Wirtschaftswoche wird die (bisher erfolglose) Suche eines Kandidaten beschrieben, die typisch erscheint. Er hat ein Budget von 5 bis 30 Mio. Euro zur Verfügung und sucht einen Mittelständler mit 15 bis 100 Mitarbeitern. Kleinere sind zu sehr vom Gründer abhängig. Das Vorgehen ist wenig spektakulär, es ähnelt einem Vertriebsprozess. Am Anfang steht eine Liste zahlreicher Unternehmen, diejenigen, die in die engere Auswahl kommen, werden per Brief kontaktiert. Wichtig ist, dass sie am Markt etabliert sind, aber Potenzial für Wachstum haben. Denn schließlich wollen die Investoren auch profitieren.
„Echte“ Unternehmer
Wer bezweifelt, ob es sich bei den Suchern um „echte“ Unternehmer handelt, wird eines Besseren belehrt. Sie möchten sich langfristig engagieren, praktisch ein neues Leben beginnen, Verantwortung für das Geschäft, oft das „Familienerbe“ und die Mitarbeiter übernehmen. Was man nicht von allen Start-up-Gründern sagen kann, von denen etliche auf einen schnellen Exit aus sind.
Zentrales Problem: Die potenziellen Verkäufer hängen an ihrem Werk, und sie verlangen einen Preis, der praktisch „eine Quittung über die eigenen Lebensleistung“ darstellt, welcher nicht unbedingt den Wert wiedergibt. Denn der orientiert sich für den Käufer natürlich mehr daran, was in Zukunft noch möglich ist. Das ist die Kunst: Die Leistung des Inhabers anerkennen, aber eben auch kein zu großes finanzielles Risiko eingehen. Angeblich ist in den USA zwei Drittel der Search Funds erfolgreich. So viel ist aber auch erkennbar: Man braucht eine Menge Ausdauer und Geduld – und wohl auch starke Nerven.
Was mich irritiert: Den zitierten Kaufinteressenten ist es angeblich ziemlich egal, welches Produkt ein Unternehmen verkauft, es ist „nur einer von mehreren Faktoren.“ Einerseits nachvollziehbar: Sie reizt es, etwas zu „unternehmen“. Andererseits: So ganz ohne Faszination für das Produkt – kann das klappen? Aber vielleicht kommt diese ja auch, wenn man es erst mal richtig kennengelernt hat …