21. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Service wie bei Tante Emma

INSPIRATION: Zufriedenere Kunden, weniger Fluktuation unter den Mitarbeitern, weniger Abwanderung von Kunden, geringere Fehlzeiten, weniger Reibereien und unter den Mitarbeitern, geringere Kosten – und all das mit einem Service im Call Center, das längere Telefonate führt und sich eher wie ein Tante Emma-Laden fühlt. Wie geht das?

Viele Management-Artikel kosten mich inzwischen Überwindung – nicht nur, dass fast alles schon mal dagewesen zu sein scheint, sie sind in der Regel auch gleich aufgebaut und oft langweilig geschrieben. Nicht so der Beitrag über den Wandel in den Call Centern der amerikanischen Telekom-Tochter T-Mobile (Die Neuerfindung des Kundenservice). Das hat mal richtig Spaß gemacht, und egal wie sehr der Autor auch übertreiben mag – so könnte Kundenservice am Telefon tatsächlich organisiert sein.


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So gut könnte Kundenservice am Telefon sein

Vor der Neuausrichtung galten in den dortigen Call Centern wohl ähnliche Regeln wie überall: Der Kunde musste sich durch viele Menüs kämpfen, wurde irgendwann zu irgendeinem Agenten durchgestellt und dieser beantwortete die Fragen nach Checkliste. Es ging um Effizienz, die Agenten wurden getrimmt, möglichst viele Gespräche zu fühen, die Kunden abzuwimmeln oder weiterzuleiten. Weil man Anzahl und Dauer von Telefonaten ja wundervoll messen kann, wurde genau das gemacht: Messen und optimieren. Und jeden Agenten nach diesen Kennzahlen bewerten und belohnen.

Und wie sieht das heute aus? Man stellte übergreifende Experten-Teams zusammen, die aus 47 Mitarbeitern bestehen, darunter ein Teamleiter, ein Resource-Manager, vier Coachs, acht IT-Spezialisten und die Service-Mitarbeiter. Zusätzlich stehen noch externe Teams bereit, falls es mal Engpässe gibt.

Das Besondere

Diese Teams sind Kundengruppen zugordnet – und zwar nach Regionen. D.h. ein Kunde aus Detroit landet mit seinen Anrufen immer beim gleichen Team. Die zweite Besonerheit:  Die Teams sitzen zusammen an einem Ort, wobei dieser nicht in der Region der Kunden angesiedelt ist. Außerdem wurden die Mitarbeiter zu Generalisten weitergebildet, so dass sie viele verschiedene Anfragen beantworten können und die Kunden nicht ständig weiterleiten oder Rücksprache halten müssen. Das hat das Unternehmen viel Geld gekostet, aber es scheint sich gelohnt zu haben.

Und schließlich: Der einzelne Mitarbeiter wird nun nicht mehr ausschließlich an seinen eigenen Kennzahlen gemessen, die Honorierung erfolgt zu 50% nach Teamleistung. Beim Coach sind es 70%, beim Teamleiter 100%.

Was das mit Tante Emma zu tun hat?

Bei 32 Service-Mtarbeitern ist die Wahrscheinlichkeit, immer den gleichen Mitarbeiter an der Strippe zu haben, zwar gering, aber es ist möglich. Da die Mitarbeiter alle zusammen sitzen, können sie sich über die Kunden austauschen. Aber das Interessanteste ist: Da die Kunden alle aus einer Region kommen, fangen die Mitarbeiter an, sich für diese zu interessieren. Sie wissen, wenn es in Detroit gestürmt hat und der Strom ausgefallen ist. Manche von ihnen haben angefangen, Lokalnachrichten zu hören und können in Gesprächen mit den Kunden auf lokale Themen einzugehen. Der Kontakt wird persönlicher.

Außerdem verhalten sich die Mitarbeiter jetzt mehr wie Unternehmer, sie stellen ihre eigene Gewinn- und Verlustrechnung auf und können selbstständig entscheiden, wie sie ihre Kunden zufrieden stellen. Der Beitrag enthält einige Beispiele, wie Teams sehr unterschiedliche Lösungen gefunden haben, um Kunden zu binden.

Natürlich dauern die Gespräche heute länger als früher, dafür ist die Anzahl der Anrufe drastisch gesunken, die der „Entschädigungsgutschriften“ ebenfalls. Die Servicekosten sind auf dem geringsten Stand in der Geschichte des Unternehmens, bei der Kundenbindung gibt es „Rekordwerte“.

Im Vorfeld gab es offenbar erhebliche Zweifel, ob die Mitarbeiter all das auch leisten könnten. Sie konnten. „Was sie brauchten, war eine Befreiung aus dem alten Modell, das sie ausgebremst hatte, sowie entsprechendes Training …“. Mehr noch: „… sie können das richtig gut, wenn man ihnen die entsprechenden Instrumente an die Hand gibt und sie in Ruhe lässt.“ Wobei nicht unerwähnt bleibt, dass es auch Mitarbeiter gab, die sich eher als Einzelkämpfer wohlgefühlt hatten und das Unternehmen verließen.

Und was ist mit der hochgelobten künstlichen Intelligenz, die doch in Zukunft die Kundenanfragen komplett übernehmen soll? Sie wird in dem Beitrag kaum erwähnt, nur am Rande. Sie wird auch nicht abgeschrieben, allerdings schon kritisch gesehen. Nämlich dort, wo sie verwendet wird, „um überholte Betriebsmodelle zu stabilisieren.“ Spannend.

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