PRAXIS: Die Fähigkeit zur Selbstreflexion sei nicht nur der Schlüssel zur Karriere, sondern auch der Türöffner zu allen anderen Soft Skills, erklären US-Professoren. Sie haben drei wesentliche Faktoren für gelingende Selbstreflexion entdeckt und geben Tipps, wie man diese fördern kann (Verborgene Stärke).
Professoren müssen forschen, und so ging man das Thema mit einer Studie an. Dabei wurden „442 Führungskräfte gebeten zu reflektieren, welche Erfahrungen und Erlebnisse sie in ihrer beruflichen Entwicklung am meisten vorangebracht haben„. Die Antworten wurden mithilfe eines Textanalyseprogramms ausgewertet. Die Ergebnisse wurden noch einmal von Fachleuten überprüft.
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Emotionale Trigger
Man fand „drei große emotionale Themenfelder„: Überraschung, Frustration und Angst vorm Scheitern. Das heißt: Wenn sich in einer Situation diese Gefühle einstellten, war das Nachdenken über sich selbst besonders fruchtbar. Warum?
- Überraschung: Menschen versuchen, sich auf Ereignisse vorzubereiten. Sie treffen Annahmen über die Zukunft, basierend auf vergangenen Erfahrungen. Wenn diese zutreffen, gibt es keinen Grund, das eigene Verhalten in Frage zu stellen. Passiert jedoch etwas völlig Unerwartetes, reagieren wir geschockt, überrascht, bestürzt. Wir erkennen, dass wir uns geirrt haben, und das ist häufig der Anlass, über uns selbst und unsere Annahmen nachzudenken.
- Frustration: Menschen haben Ziele, Wünsche, Hoffnungen. Dort, wo sie erfüllt werden, freuen wir uns, aber werden diese sicherlich anschließend nicht überdenken. Wenn jedoch Hinternisse auftreten (wir kommen zu spät zu einem wichtigen Termin, weil Stau auf der Autobahn war), reagieren wir mit Frustration und Enttäuschung, was wiederum Anlass dafür ist, darüber nachzudenken, was uns wichtig ist und was wir vielleicht ändern wollen (wir könnten z.B. unsere Prioritäten hinterfragen, ob das Meeting wirklich so wichtig ist. Oder wir könnten unsere Zeitplanung in Frage stellen und uns grundsätzlich für bestimmte Dinge mehr Zeit nehmen).
- Angst vorm Scheitern: Ähnlich wie die unerwarteten Hindernisse wirkt auch Scheitern. Wir bemühen uns um ein Ergebnis, planen, setzen uns ein, kämpfen für unseren Weg und müssen irgendwann einsehen, dass der Weg in die Irre führt. Auch ein solches Scheitern führt zum Nachdenken und damit zur Chance, beim nächsten Versuch Dinge anders zu machen.
Kein Automatismus
Wichtig: Diese Erlebnisse führen nicht automatisch zur Reflexion über sich selbst. Jeder dürfte Menschen kennen, bei denen man sich wundert, dass sie bestimmte Dinge immer wieder machen, trotz erlebter Überraschungen, Frustrationen und Scheiterns. Was könnte nun helfen, tatsächlich inne zu halten und nachzudenken? Die Autoren im Harvard Business Manager haben drei Tipps auf Lager:
- Führen Sie ein Gefühlstagebuch: Immer wenn Sie etwas überrascht oder frustriert hat, notieren Sie, was passiert ist, wie Sie reagiert haben (auch physisch) und fragen sich, welche Erwartungen Sie wohl hatten, ob Ihr Plan schiefgegangen ist oder Sie eine falsche Entscheidung getroffen haben.
- Rückschau halten: Nehmen Sie sich regelmäßig Zeit (z.B. einmal die Woche), um Ihre Notizen durchzugehen, zu schauen, was in dem Zeitraum passiert ist und seien Sie dabei rigoros ehrlich mit sich selbst.
- Lernen Sie aus dem Erlebten: Gehen Sie nicht nur Ihre Aufzeichnungen durch und überlegen, was schief gegangen ist, sondern fragen sich, was Sie anders machen könnten. Dabei hilft es sich vorstellen, was ein neutraler Beobachter wohl raten würde.
Klingt nach Arbeit? Ist es wohl. Sich selbst in Frage zu stellen, ist mühsam, tut vermutlich auch weh. Aber letztlich dürfte es keinen anderen Weg geben, sich weiter zu entwickeln als über schmerzhafte Erfahrungen. Wohl dem, der sich ihnen stellt, denn weitaus schmerzhafter dürfte es sein, wenn man irgendwann die Folgen seines nicht reflektierten Handelns mit einem Paukenschlag erfährt und dann plötzlich ganz viel Zeit zur Selbstreflexion hat.