INSPIRATION: 45 Berater haben sich in Teams Veränderungsprojekte in 13 Unternehmen angeschaut und Fallstudien durchgeführt. Sie wollten herausfinden, welche Vorgehensweisen bei der Einführung neuer Managementkonzepte erfolgreicher waren als andere. Eine wesentliche Erkenntnis: Der Umgang mit Paradoxien ist entscheidend.
Im Interview in der managerSeminare äußern sich die drei Initiatoren (Kein Wandel ohne Widersprüche). Sie wollten hinter die Kulissen der Erfolgsgeschichten um New Work schauen, weil sie der „Schauseite“ (Doppelte Wirklichkeit) nicht so recht trauten. Und natürlich fanden sie beides: Sowohl Maßnahmen, die wirkliche Veränderungen erbrachten als auch solche, die eher im Sande verliefen.
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Anlässe
Interessant sind schon mal die Anlässe für solche Veränderungsprojekte. Da ist zum einen das Management, das der Meinung ist, ohne etwas Neues einzuführen sei die Existenz des Unternehmens in Gefahr, was zu einem typischen Top-Down-Vorgehen führt. Dann fand man Initiativen, die von einzelnen Bereichen ausgingen, weil man dort fürchtete, dass der Bereich in Gefahr sei – das könnte man als Bottom-up-Vorgehen bezeichnen. Und schließlich die Herangehensweise, dass das Management der Meinung ist, hin und wieder täte der Organisation frischer Wind gut und deshalb den Mitarbeitenden nahelegt, doch mal zu experimentieren.
Was am erfolgreichsten ist? Wenn eine Initiative irgendwo im Unternehmen entsteht (Bottom-up) und diese vom Management aufgegriffen, unterstützt und nach und nach mit den erforderlichen Ressourcen versehen wird (Top-down). Finde ich jetzt ziemlich einleuchtend. Die erste Variante, dass die Leitung der Ansicht ist, es muss was passieren, weil sonst das Unternehmen in Gefahr ist, und dann Projekte in Auftrag gibt, krankt häufig daran, dass die Notwendigkeit in der Organisation gar nicht so klar gesehen wird und daher viel Druck ausgeübt werden muss – bis hin zu dem Punkt, dass irgendwann alles wieder einschläft. Die dritte Version (Aufforderung zu Experimenten) klingt ein bisschen so wie Eltern ihren Kindern sagen: „Nun spielt mal schön!“ Das ist für eine gewisse Zeit spannend, aber ohne ein originäres Interesse an einem Thema, das einem auf den Nägeln brennt, wird auch das im Sande verlaufen.
Nun spielt mal schön!
Am Anfang steht also ein Problem. Wobei die Berater darauf verweisen, dass man nicht per se die Hierarchie als Problem ansehen sollte. Denn auch bisher wurden ja in hierarchischen Strukturen Probleme gelöst. Die Frage ist also, ob andere Organisationsformen sie besser, vielleicht schneller, mit weniger Aufwand lösen. Anders ausgedrückt: Wenn Initiativen zur Veränderung entstehen, sollte eine Kernfrage lauten: „Welches Problem soll die neue Vorgehensweise bzw. Struktur lösen?“ Und ebenso interessant: „Wie wurde es bisher gelöst?“ Schließlich: „Welche neuen Probleme schafft die alternative Organisationsform?“
Was man eben nie vergessen darf: Die bisherige Organisation gibt den Rahmen vor, kein Change-Projekt startet auf der grünen Wiese. Das heißt, dass, was auch immer man neu einführt, es ersetzt nicht sofort das Alte, sondern interagiert mit ihm. Und steht dummerweise damit oft im Widerspruch zum Alten. Der Umgang mit diesen Widersprüchen ist die große Kunst. Der Klassiker: Wie vertragen sich Zentralisierung und Dezentralisierung? Oder: Wie funktioniert das mit der Selbstorganisation in einem hierarchischen System? Schönes Beispiel: Darf sich eine Führungskraft noch einmischen? Zitat einer Führungskraft: „Ich wusste ja, wie es geht, aber ich darf ja nichts sagen. Ich darf ja nicht führen.“
Experimentieren zulassen
Weitere Erkenntnis: Change-Prozesse werden durch die Auswirkungen der Experimente gesteuert. Soll heißen: Man probiert etwas aus, und wenn es funktioniert, dann bedeutet das ja nichts anderes als dass es ja schon innerhalb des Bestehenden gelingt, Neues und Altes harmonieren also. Das ist ziemlich pragmatisch und ein klares Plädoyer gegen die Umwandlung der kompletten Organisation, wie einige Großunternehmen das probiert haben. Also: Es entsteht irgendwo eine Initiative, das Management übt sich „in aufmerksamer Beobachtung und interveniert eher indirekt„. Es lässt das Ausprobieren zu, die Aktivitäten wirken wie „unaufgeregte Lockerungsübungen„. Dazu braucht man an der Spitze allerdings auch entspannte Persönlichkeiten mit dem notwendigen Vertrauen in ihre Belegschaft.
Zum Abschluss noch eine Absage an sogenannte Reifegradmodelle. Diese sind ebenso dogmatisch wie Moden, denn sie suggerieren, dass es so etwas wie eine „richtige“, nämlich reife Organisation gibt und damit einen Zielzustand, den es zu erreichen gilt. Das „widerspricht der Tatsache, dass Wandel permanent stattfindet.“ Man sollte sie also ebenso gelassen zu den Akten legen und nicht versuchen, dem Ideal nachzulaufen.
Passt …