19. Mai 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Wer hat, dem wird gegeben (Mk 4,25)

INSPIRATION: Haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt, warum wir – am Computer, auf dem Handy – mit der QWERTZ-Tastatur schreiben? Die heißt so, weil die obere Buchstabenreihe von links gelesen so lautet.

Und sie ist schon über 100 Jahre alt. Sie stammt aus den Anfangszeiten der Schreibmaschine im Jahre 1873. Und war das Ergebnis einer Problemlösung, so Autor Georg Schreyögg (In der Sackgasse). „Man wollte eine Buchstabenanordnung, bei der die Wahrscheinlichkeit einer Verhakung der Typenhebel einer mechanischen Schreibmaschine gering ist“. Heute schreibt kaum mehr jemand auf einer mechanischen Schreibmaschine, der Grund ist also weggefallen. Aber QWERTZ gibt es immer noch. Es ist Standard geworden, den niemand mehr in Frage stellt.


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Warum? Könnte es nicht bessere Anordnungen der Buchstaben geben? In der Tat hat man damit experimentiert. Die Neuerungen konnten sich aber nicht durchsetzen. Die Erklärung lautet: Der Nutzen einer Entscheidung steigt in dem Maße, in dem die Anzahl der Nutzer zunimmt. Das nennt man den sogenannten Netzeffekt. Zunächst kleine Ereignisse produzieren durch positive Rückkoppelung mit der Zeit große Folgen. Man kann das überall beobachten. Es gibt Beispiele wie Sand am Meer.

Der sogenannte Netzeffekt

„Das Fatale an den meisten organisatorischen Verfestigungsprozessen ist, dass sie sich schleichend entwickeln und so von der Organisation oft lange unbemerkt bleiben.“ Irgendwann kommt man an den Punkt, an dem es keine Rückkehr mehr gibt, die sogenannte „critical juncture“. Die Lösung ist nur schwer wieder zu verlassen, weil zu viele sie Menschen sie nutzen, und weil die Kosten einer Änderung so hoch sind. Also macht man weiter, die Lösung hat sich etabliert. Punkt. Dafür gibt es viele Beispiele. Ein populäres wäre der Messenger WhatsApp. Wer als junger Mensch die App heute nicht nutzt, schließt sich vom Sozialleben aus. Bekommt nicht mehr mit, wo die Party am Wochenende steigt.

Die Kehrseite der Medaille heißt daher: Lock-in. Man ist gefangen. „Befindet sich eine Organisation auf einem Pfad, der nur noch mit sehr großen Anstrengungen verlassen werden kann, spricht man von Pfadabhängigkeit.“ Daher kann man das auch eine Falle nennen. Man macht, was man immer gemacht hat. Wo kämen wir denn hin, wenn da jeder macht, was er will … Es muss übrigens nicht die beste Lösung sein, die sich etabliert. Verallgemeinert gesprochen verengt sich der Handlungsspielraum mit der Zeit. „Daraus folgt als weitreichende Konsequenz, dass ökonomische Kalküle grundsätzlich als historische begriffen werden müssen.“ Wer da an Schneeball- und Kettenbriefsysteme denkt, liegt nicht falsch. Der BWL-Raffzahn nennt das „skalieren“: Der Ertrag steigt – bei sinkenden Kosten. All das gilt auch für organisationales Geschehen:

  • Die Kraft der Routinen: Sie etablieren sich und werden zu Pfaden, zu stabilen Handlungsmustern.
  • Organisatorisches Lernen: Solche Muster werden gelernt und man neigt dazu, die „sichere Bank“ zu wählen, bevorzugt also exploitatives und meidet exploratives Arbeiten.
  • Best Practices: Erfolge werden verklärt. Das haben wir schon immer so gemacht. Das hat sich bewährt. Man könnte es Selbsthypnose nennen.
  • Escalating Commitment: „Einmal getätigte Investitionen sollen sich als richtig erweisen, also werden in der Folge die vergangenen Investitionen als Bindung (commitment) begriffen.“ Misserfolge werden negiert als „Ausnahme von der Regel“. Niemand möchte sein Gesicht verlieren.
  • Stabilisierung durch Macht: Ober sticht Unter. Kritiker werden nicht gehört, sie werden als Querulanten, Miesepeter oder Verrückte abqualifiziert. Informationen werden asymmetrisch geteilt.

Musterbrechung?

„Pfade sind das Ergebnis sozialer Handlungszusammenhänge und keine Naturgewalten; in diesem Sinne sind sie hergestellt und können deshalb niemals für immer gelten. Irgendwann löst sich jeder Pfad wieder auf.“ Auf Zeit zu spielen ist das eine. Oft hat man die aber nicht. Man denke an die drohende Klimakatastrophe. Wie das Kaninchen auf die Schlange zu starren, ist folglich keine Option. Die Handlungsfähigkeit wieder zu erlangen, hat Priorität. Zunächst muss man die Kommunikation über das Thema zulassen und stimulieren. Dann muss man ins Tun kommen. Beispielsweise auch zentrale Personen austauschen. Sinnvoll wäre auch, die Logik der Pfadabhängigkeit selbst zu nutzen: Kleine Gegenentwürfe schaffen und unter dem Schutz eines organisationalen Kurators groß werden lassen. Und all das kann und sollte man kombinieren.

„Stay hungry“ (Steve Jobs)

Sinnvoll ist folglich ein Pfadmonitoring aufzubauen. Routinen regelmäßig zu überprüfen, sie in Simulationen zu testen und forciert zu hacken. Man könnte es Beobachtungsmanagement nennen. Und man braucht eine entsprechende (Fehler-)Kultur dafür. Nun könnte man auf die Idee kommen, hierfür eine Stabsabteilung im Unternehmen einzurichten. Keine gute Idee, so Autor Schreyögg. Denn wenn der „Hofnarr“ alarmschlägt, glaubt man ihm nicht. „Das Pfadmonitoring ist eine Aufgabe, die im Kern nur dezentral von Mitarbeitern in den verschiedenen Teilen des Unternehmens, die aus ihrer alltäglichen Interaktion über entsprechendes Wissen und Urteilskraft verfügen, effektiv erbracht werden kann.“

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