INSPIRATION: Ein Philosophie-Professor, der die akademische Laufbahn bewusst eingeschlagen hat, stellt fest, dass er in der Midlife-Crisis steckt. Und dass es vielen Menschen ähnlich geht. Irgendwann um die 40 stellen sie fest, dass die Arbeit sie nicht mehr ausfüllt. Zeit, etwas zu ändern. Aber was? Es muss nicht gleich der große Neuanfang sein.
Drei Ursachen hat der Philosoph ausgemacht, und die Lösungen findet er – in der Philosophie. Sowohl in Sachen Diagnose als auch therapeutisch (Die Krise in der Karrieremitte). Hier erst einmal die drei Faktoren:
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- Das Schwinden der Wahlmöglichkeiten. Wenn wir in der Lebensmitte angekommen sind, dann haben wir schon eine Reihe von Entscheidungen getroffen. Viele davon können wir nicht mehr zurückdrehen. Wer Philosophie studiert hat oder eine Ausbildung zum Kaufmann, der wird mit Mitte 40 kaum noch ein Medizinstudium beginnen. In jungen Jahren haben wir einfach mehr Wahlmöglichkeiten.
- Das unausweichliche Gefühl des Bedauerns. Irgendwann wird uns klar, dass es ganz viele Dinge gibt, von denen wir vielleicht einmal geträumt haben, aber die wir niemals tun werden. Jede Entscheidung, die wir getroffen haben, bedeutet, sich von anderen Alternativen zu verabschieden. Was wir bedauern, weil wir glauben, etwas verpasst zu haben.
- Die Tyrannei der Projekte. Wir gehen tagein-tagaus ein Projekt nach dem anderen an. Meist sind das Dinge, die damit zu tun haben, ein Problem zu lösen oder ein schlechtes Ergebnis zu vermeiden. Projekte mit „existenziellem Wert“ werden immer seltener.
Es kommt noch etwas hinzu: Die Projekte zielen auf ihre Fertigstellung. Das bedeutet: Wir sind erst zufrieden, wenn wir sie erledigt haben. Die Zufriedenheit liegt in der Zukunft. Und sobald der Status erreicht wurde, rutscht er in die Vergangenheit, die Zufriedenheit wird erinnert. Solche Projekte nennt der Philosoph „telische Aktivitäten„, sie zielen auf einen im Moment nicht erreichten Zustand. Es gibt aber auch „atelische Aktivitäten„, z.B. ein schöner Spaziergang (im Vergleich zum „nach Hause gehen“) oder dem Elternsein (im Vergleich zum Vorlesen einer Geschichte). Im Berufsleben haben wir es meist mit telischen Aktivitäten zu tun, eben die erwähnten Projekte.
Was tun? Die Antworten können Sie sich vielleicht schon denken. Fangen wir bei den Projekten an. Hier lautete das Zauberwort „Achtsamkeit„. Wir haben die Wahl, uns auf das Ende eines Projekte zu konzentrieren oder auf die Tätigkeit selbst, auf das, was weiterreicht als nur die Vollendung des Projektes. Wenn ich also einen Workshop plane und durchführe, trage ich zum Erfolg des Teams bei oder helfe ihm, sich weiter zu entwickeln. Etwas, das nicht mit dem Workshop endet. Eine Herausforderung, sicher. Aber in der Tat hat jede telische Aktivität auch atelische Aspekte. Sie zu finden und im Auge zu behalten, kann sehr hilfreich sein.
Und auch wenn wir weiter Projekte an der Backe haben, die auf die Lösung von Problemen abzielen statt etwas kreatives Neues zu schaffen, so hilft es manchmal schon, sich daneben das eine oder andere Projekt zu suchen, das mehr Sinn ergibt, das einfach Spaß macht. Und wenn es ein neues Hobby ist oder eines, das man lange vernachlässigt hat. Zum Beispiel ein Instrument zu spielen. Sicher keine telische Aktivität.
Mit dem Gefühl des Bedauerns ist es vielleicht noch anspruchsvoller, fertig zu werden. Hier ist eine neue Sicht auf die verpassten Chancen, die so und nicht anders getroffenen Entscheidungen nötig. Zunächst einmal ist ein gewisses Bedauern völlig normal und muss uns nicht irritieren. Weil in der Tat jede Eintscheidung bedeutet, auf die positiven Konsequenzen der Alternativen zu verzichten. Egal, wie wir entscheiden, wir müssen auf etwas verzichten, und das bedauern wir natürlich. Aber wir sollten das, was wir früher entschieden haben, von dem unterscheiden, wie wir uns heute dabei fühlen.
In der Tat wissen wir ja nicht, wie unser Leben verlaufen wäre, hätten wir damals anders entschieden. Vielleicht wäre es besser verlaufen, vielleicht auch schlechter. Auf jeden Fall anders. Da kann es sehr hilfreich sein, sich klar zu machen, welche positiven Dinge die Folge der damaligen Entscheidungen sind. Und wir werden feststellen, so der Philosoph, dass es die persönlichen Bindungen sind, die Menschen, die wir als Folge der Entscheidungen kennen und lieben gelernt haben. Manchmal sind es auch die Bindungen an „Kleinigkeiten des Alltags – an den Austausch und die Erfolge, die Sie in einem anderen Leben nicht erlebt hätten.“
Das Fazit aus all dem: Probieren Sie die beschriebenen Strategien aus. Wenn sie helfen, neuen Spaß an den Dingen zu bekommen, die Sie tun, hat die Therapie des Philosophen funktioniert. Bleibt hingegen die Krise bestehen, können Sie immer noch die Richtung wechseln – auch wenn die Wahlmöglichkeiten inzwischen stark eingeschränkt sind.