4. Oktober 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Falsches Bild

INSPIRATION: Das ist gut nachvollziehbar: In einem Unternehmen, in dem viele Mitarbeiter gar keinen Kontakt zum externen Kunden haben, dürfte es schwer fallen, für so etwas wie unternehmensweite Kundenorientierung zu sorgen. Es sei denn, es gelingt, auch die internen Empfänger von Leistungen als Kunden zu betrachten. Wie in diesem Beispiel, gefunden in der OrganisationsEntwicklung (Partnerschaft auf Augenhöhe).

Der Anlass in dem Unternehmen war, dass die Geschäftsleitung neue Kundensegmente erobern wollte. Aber dann feststellen musste, dass die Bereitschaft, sich auf die unterschiedlichen Kundenbedürfnisse einzustellen, in der Organisation nicht sonderlich ausgeprägt war. So verstand der Vertrieb zwar, was die Kunden wollten. ber wenn er diese Bedürfnisse innerhalb des Unternehmens weitergab, erhielt er zur Antwort, dass er dem Kunden besser erklären müsse, warum es zum Beispiel genau dieser Standard sein müsse. Und umgekehr verstand der Vertrieb nicht, was daran so kompliziert sein sollte, auf die vielen Wünsche der Kunden einzugehen.


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Also beschloss die Geschäftsleitung ein Programm zur Verbesserung der Kundenorientierung. Interessant an diesem Unternehmen: Es gab ein breit akzeptiertes Führungskräfteprogramm, das jedes Jahr ein neues Schwerpunktthema hatte und zum Jahresbeginn mit einer Auftraktveranstaltung startete. Könnte als Vorbild für viele Organisationen dienen.

Programm zur Verbesserung der Kundenorientierung

Klar war auch, dass man mit dem Label „Kundenorientierung“ vermutlich wenig Begeisterung geweckt hätte – da hätten sich nämlich alle zurückgelehnt und wären davon ausgegangen, dass dies letztlich nur den Vertrieb betrifft. Also entschied man sich für das Thema „Interne Kundenorientierung“. Aus der Erkenntnis getrieben, dass man letztlich seine Kunden nur dann richtig bedienen kann, wenn sich die gesamte Wertschöpfungskette an dessen Bedürfnissen ausrichtet.

Noch eine Erkenntnis: Wenn man Mitarbeiter in einem Unternehmen fragt, wie sie ihren Job verstehen, dann antworten sie in der Regel mit bestimmten Aufgaben. Kunden kommen in der Beschreibung selten vor, am ehesten natürlich beim Vertrieb.

Also ging es in der ersten Veranstaltung vor allem darum zu schauen, dass jede Führungskraft sich überlegen sollte, wer ihr wichtigster interner Kunde ist. Klar, dass die Produktion fürchtete, der letzte in der Kette zu sein und lediglich Lieferant, aber niemals Kunde ist. Was zu der Feststellung führte, dass der Begriff „Kunde“ vermutlich falsch verstanden wird. Weil jeder von dem Satz ausgeht: Der Kunde ist König. Also sind alle Lieferanten nicht mehr als gehorsame Diener. Wer will das schon.

Ein neues Verständnis

Ändert man dieses „dysfunktionale Bild“ in das zweier Partner, sieht die Sache schon anders aus. Dann nämlich wird schnell klar, dass die Kunden kaum ein Interesse daran haben können, wenn die Lieferanten alle ihre Wünsche eins zu eins umsetzen. Weil die Rechnung dafür entsprechend hoch sein wird. Ein kluger Kunde wird an einem optimalen Preis-Leistungsverhältnis interessiert sein. Und dafür benötigt man einen lösungsorientierten Dialog. Und gegenseitiges Verständnis.

4 Fragen für den Workshop

  1. Welche zentralen Anforderungen hat dieser interne Kunde?
  2. Wozu braucht er das?
  3. Was benötigen wir, um diese Anforderungen zu erfüllen?
  4. Welchen Klärungsbedarf haben wir noch?

Die Ergebnisse wurden ausgehängt, die angesprochenen Kunden sollten per Klebepunkt bewerten, ob sie sich von ihrem Lieferanten verstanden fühlten. Da gab es so manche Überraschung, schon hier wurden einige Missverständnisse aufgedeckt. Anschließend wurden noch die Ziele des Prozesses geklärt, mit klassisch lösungsorientierten Fragen:

  • Wenn wir die interne Kundenorientierung erfolgreich eingeführt haben – an welchen beobachtbaren Fakten würden wir das erkennen?
  • Und welche Verhaltensweisen / Einstellungen / Ergebnisse sollten wir dann auf keinen Fall mehr beobachten?

Die Diskussion über die dabei entwickelten Indikatoren dürfte intensiv gewesen sein. Die Autoren legen Wert auf das „beobachtbar“. Letztlich aber geht es vor allem darum, dass ein gemeinsames Verständnis der Ziele der Aktion geschaffen wird, und dass diese von allen getragen und nicht von oben vorgegeben werden.

Und so geht es weiter

Nach dieser Auftaktveranstaltung führten die Führungskräfte zunächst interne Workshops mit ihren Teams bzw. Teilen der Teams durch, um die eigene Erwartungshaltung zu klären. Anschließend fanden gemeinsame Workshops mit den Lieferanten/Kunden statt, die von den beiden Führungskräften zusammen moderiert wurden. In Fällen, in denen das Verhältnis „angeknackst“ war, konnten sie eine externe Konfliktmoderation in Anspruch nehmen.

In den Workshops wurde in gemischten Untergruppen herausgearbeitet, wo es Gemeinsamkeiten und wo es Unterschiede in den Sichtweisen gab mit dem Ziel, einen tragfähigen Konsens zu erreichen. Wo das schwierig war, wurde zunächst ein Gespräch mit dem „Kunden des Kunden“ geführt, um zu schauen, worauf es diesem vor allem ankam. Zum Abschluss sollte ein Leistungsvertrag erstellt werden, in dem die Vereinbarungen festgehalten wurden.

Das Ergebnis nach einem halben Jahr war ermutigend. Auch wenn noch längst nicht alle Verträge abgeschlossen waren. Die Beteiligten berichteten von zahlreichen Verbesserungen, allerdings war man sich auch einig, dass man das Projekt nicht abschließen sollte, weil der Prozess dann vielleicht nicht nachhaltig sein würde. Im Folgejahr lautete deshalb das neue Schwerpunktthema „kundenorientierte effiziente Zusammenarbeit.“ Klingt alles nach einem hohen Aufwand, der sich aber mehr als bezahlt macht.

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