INSPIRATION: Schon interessant, in welch regelmäßigen Abständen etwas zu dem Thema „Zuhören“ erscheint. Diesmal in der Wirtschaftswoche, und alles klingt allzu vertraut. Es geht um „die Kunst des offenen Ohrs“ (Teure Ingnoranz), und darum, warum es einfach schlau ist, sie zu beherrschen.
Schon verrückt: Alle Menschen wünschen sich, dass man ihnen zuhört, sie und ihre Meinung achtet und diese berücksichtigt. Oder sie zumindest zu Wort kommen lässt. Eine Umfrage von The Alternative Board (TAB) ergab, dass 91% der Führungskräfte der Meinung sind, sie sollten „bei grundlegenden Entscheidungen ihre Mitarbieter anhören und deren Einschätzungen und Wünsche berücksichtigen.“ Na sowas, die Erkenntnis allein scheint aber wenig zu bewirken. Bei jedem Vierten, so die Befragung, beträgt die Zeit, die sie pro Woche im persönlichen Gespräch mit Mitarbeitern verbringen, unter 30 Minuten.
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Aber eigentlich benötigt man keine Umfragen um zu ahnen, wie wenig Führungskräfte zuhören. Nach wie vor glaubt wohl die Mehrheit, Führung habe vor allem mit Reden zu tun – schließlich hat der Chef nun mal „das Sagen“. Entsprechend viele Seminare gibt es zum Thema „Rhetorik“ und kaum welche, die sich ausschließlich mit dem Zuhören beschäftigen.
Hinzu kommt heute, dass nicht nur Führungskräfte immer mehr abgelenkt sind. Bei brummenden Smartphones und aufblinkenden Apps und Chat-Botschaften bleibt die Konzentration auf der Strecke. Sich Zeit nehmen für ein konstruktives Gespräch fällt da noch schwerer.
Es gibt noch mehr interessante Hinweise in dem Beitrag über den Nutzen des Zuhörens. In deutschen Hausarztpraxen haben Patienten im Schnitt 103 Sekunden Zeit, um ihre Beschwerden zu schildern. Dabei zeigen Studien, dass sie bereitwilliger ihren Heilungsprozess unterstützen, je besser sie sich verstanden fühlen. Ein Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens wird zitiert, der beinahe ein neues IT-System angeschafft hätte, dann aber doch die betroffenen Mitarbeiter gefragt hat – mit dem Ergebnis, dass einige wenige Änderungen am alten System das Problem einfach lösten.
Ein anderer hatte sein Schlüsselerlebnis, als er einem wütenden Mitarbeiter sein Ohr schenkte und seitdem jeden Morgen eine Runde durchs Unternehmen dreht, um Rückmeldungen einzuholen. Und ganz spannend: Bei Bosch können Mitarbeiter bei Beförderungen ihr Veto einlegen und somit aktiv Einfluss auf die Ernennung eines Kollegen zur Führungskraft nehmen. Das Verfahren hat sich bewährt. Zuhören mit konkreten Konsequenzen.