KRITIK: Kann jeder Mensch in einer agil agierenden Organisation klarkommen? Oder muss man, bevor man auf agile Arbeitsweisen umstellt, erst einmal am „Mindset“ der Mitarbeitenden schrauben? Muss man nicht, sagt Martin Permantier in der managerSeminare (Mitarbeitende brauchen kein agiles Mindset). Weil Agilität nicht erfunden wurde für Menschen, die schon ein solches „Mindset“ mitbringen.
Ich mag den Begriff „Mindset“ nicht sonderlich. Früher sprach man von Dingen wie „Einstellung“ oder „Haltung“. Oder von „Mentalität“ oder von „Verhaltensmustern“. Nun ist alles plötzlich „Mindset“. Aber wenn ein Begriff für so vieles steht, dann ist er überflüssig. Weil jeder etwas anderes darunter verstehen kann. Aber vor allem: Weil immer dann, wenn Menschen nicht so funktionieren wie man sich das wünscht, man alles auf dieses „Mindset“ schieben kann (Dosenöffner für das agile Mindset?). Statt an seiner Einstellung oder Haltung oder an seinen Verhaltensmustern zu arbeiten, müssen nun alle ihr Mindset ändern.
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Zurück zum „agilen Mindset“. Da wird das Problem mit dem Begriff noch deutlicher. Klappt das mit der Umstellung auf agile Arbeitsformen nicht, muss das wohl an eben jenem fehlenden oder nicht ausreichend vorhandenem Mindset liegen. Und das muss dann erst einmal entwickelt werden.
Passung
Muss es nicht, sagt Permantier. Denn in einer agilen Organisation ist Platz für jeden kognitiven Stil und jede Haltung. Ob Einzelgänger, konformistisch-gemeinschaftlich denkend oder rationalistisch-funktional – agile Teams können alle diese Menschen gebrauchen.
Der Vorteil dieser Annahme ist: Statt sich über die „Nicht-Passenden“ aufzuregen und zu überlegen, wie man diese „entwickeln“ kann, kann man sich ganz auf die Gestaltung des Kontextes konzentrieren. Und wessen Job ist das? Na, der der Führungskräfte. Und plötzlich spielt so etwas wie Haltung doch eine entscheidende Rolle. Wenn nämlich die Führungskräfte denken, Agilität sei etwas, das man mal ausprobieren kann, sie aber ansonsten in ihren gewohnten Rollen verharren können, dann geht das schief. Also muss sich etwas am „Mindset“ der Führungskräfte ändern. Aber sind Führungskräfte nicht auch „nur“ Mitarbeitende, nur eben in einer bestimmten Rolle. Und diese ändert sich. Wer diese Änderungen nicht mitgeht, wird sich schwer tun.
Aber gilt das nicht wiederum auch für alle anderen? Und gilt das nicht auch für jede Organisationsform? Ist nicht auch in einer streng hierarchischen Organisation Platz für jedermann? Das haben wir Führungskräftetrainer in unzähligen Führungsseminaren versucht, den Teilnehmern doch zu vermitteln: Wenn Mitarbeitende nicht so wollen wie sie, dann sollten sie ihr Führungsverhalten ändern. Und jetzt erklären wir ihnen: Wenn die Mitarbeitenden nicht selbstorganisiert arbeiten wollen, liegt das auch wieder an der Führung. Was stimmt – und eben auch nicht. Denn so wie ein Arbeiten in hierarchischen Organisationen nicht jedem liegt, so liegt auch nicht jedem das Arbeiten in selbstorganisatierten Umgebungen. Oder noch genauer formuliert: Für manch einen sind die Nachteile größer als die Vorteile, und dann hilft auch kein Schrauben am Mindset.