27. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Konstruktives und destruktives Schweigen

INSPIRATION: So wie wir uns konstruktiv oder destruktiv äußern können, so können wir auch konstruktiv oder destruktiv schweigen. Wobei beides in die Kategorie „Kommunikation“ fällt. Und so viele Anlässe es gibt, sich zu Dingen zu äußern, genau so viele Anlässe gibt es, sich mit Äußerungen bedeckt zu halten. Was manchmal sehr klug ist. Zum Beispiel, wenn man von einer Sache keine Ahnung hat. Und schon deshalb keinen Beitrag zum Fortschritt in einer Diskussion beitragen kann, würde ich das als konstruktives Schweigen bezeichnen. Wie furchtbar sind Meetings, in denen sich Menschen mit Meinungen und Vorschlägen hervortun – ohne das hierzu notwendige Wissen.

Es gibt allerdings noch eine Art konstruktiven Schweigens, in dem sich vor allem Führungskräfte üben können. Gemeint sind Situationen, in denen Teammitglieder diskutieren und Lösungen erörtern. Sie hier ungestört arbeiten zu lassen, auch wenn die Führungskraft vielleicht schon bestimmte Lösungen im Kopf hat, ist schon die hohe Kunst des Schweigens. Oder zum Beispiel dann, wenn sich Mitarbeitende kritisch äußern – hier zu schweigen und zuzuhören sendet das Signal aus, dass kritische Meinungen willkommen sind.


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Ursachen für Schweigen

Leider, so Michael Knoll in der OSC (Wo kämen wir denn hin, wenn bei der Arbeit jeder alles sagt?) glauben Führungskräfte immer noch, dass Führung vor allem aus Reden besteht und dass sie die Kommunikation dominieren sollten. Was eher dazu führt, dass destruktives Schweigen gefördert wird.

Womit allerdings nur eine mögliche Ursache dieses Phänomens benannt ist. Die übrigens ihre Wurzeln in der Evolution hat: Wir fordern Ranghöhere nicht gern heraus, was uns mit anderen Primaten verbindet. Könnte unangenehme Folgen haben. Dazu kommt die familiäre Sozialisation. Wer früh lernt den Mund zu halten, wenn Erwachsene sich unterhalten, wird kaum aufmüpfig werden, wenn das Management doziert. Und wer es doch mal versucht und abgebügelt wird, der wird aus diesen Erfahrungen lernen. Dann führen Furcht und Resignation dazu, dass man seine Bedenken und Meinungen zurückhält.

Das ist aber noch längst nicht alles: Es gibt noch das prosoziale Schweigen – man möchte anderen nicht schaden. Das Schweigen aus egoistischen Gründen – weil ich ahne, dass meine kritische Äußerung mir nur mehr Arbeit beschert oder weil ich meinen Wissensvorsprung behalten möchte. Aber auch das Schweigen aus Scham oder aus Schuldgefühlen – weil man z.B. etwas beobachtet, aber nicht eingegriffen hat. Ebenso kann Unsicherheit der Grund sein, etwa wenn die Situation nicht eindeutig ist – war eine Bemerkung nun rassistisch oder eher doch nicht?

Schweigespiralen und Abwandlungen

Interessantes Phänomen: Schweigen kann zu einer „Schweigespirale“ führen: Die Mehrheit vertritt eine bestimmte Haltung, und wer dieser anhängt, der fühlt sich bestätigt und äußert sich entsprechend. Wer andere Meinung ist, hält sich lieber zurück, so dass die Mehrheitsmeinung stärker und noch präsenter wird …

Es gibt zudem noch „Abwandlungen“ des destruktiven Schweigens, die hier Erwähnung finden. Statt ein Problem klar anzusprechen, äußere ich einen oberflächlichen Lösungsvorschlag, was der Führungskraft den Eindruck vermittelt, dass die Dinge doch offen angesprochen werden. Oder ich äußere mich ironisch oder packe meine Kritik in einen Nebensatz – in beiden Fällen kann ich später erklären, dass ich doch schon immer gesagt habe, was schief läuft. Oder ich spreche zwar offen über die Probleme, aber mit den falschen Menschen, z.B. im häuslichen Umfeld.

Schweigen – oder zuhören?

Und die Lösungen? Hier hält sich der Autor zurück, aber sie liegen ohnehin auf der Hand. Hinhören ist die wichtigste Empfehlung: Wo immer Skandale auftreten, lässt sich im Nachhinein durchaus nachweisen, dass es kritische Stimmen gegeben hat – nur hat man sich offensichtlich taub gestellt. Sollte also mal eine Führungskraft klagen, dass ihre Mitarbeitenden den Mund nicht aufmachen, wäre der erste Tipp, vielleicht mehr hinzuhören und weniger selbst zu reden.

Und was sagt man Menschen, die klagen, dass es sich doch sowieso nicht lohnt, den Mund aufzumachen, weil ihnen ohnehin niemand zuhört? Ich glaube, mein Rat wäre der gleiche: Auch selbst erst einmal genauer hinzuhören, was die anderen bewegt. Vermutlich stellt man bald fest, dass es bei denjenigen, die so unerschütterlich eine Meinung äußern und über jede Zweifel erhaben zu sein scheinen, auch leichte Unsicherheiten gibt. Vielleicht hilft es dann, hier mal vorsichtig nachzufragen, ob es eventuell auch noch andere Optionen gibt. Und dann zu fragen, ob derjenige vielleicht auch an alternativen Meinungen interessiert ist. Einen Versuch ist es Wert …

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