INSPIRATION: In einem Beitrag der managerSeminare (Einblick in einen agilen Way of Work) wird die Organisation eines jungen Unternehmens vorgestellt, das in der Tat als agil bezeichnet werden kann. Sipgate heißt es, sitzt in Düsseldorf und hat die Verantwortung vollständig an die Mitarbeiter übertragen. Spannend.
Wobei die einzelnen Bausteine nicht mehr ganz unbekannt sind, über alles wurde irgendwo schon mal berichtet. Nur erscheint es in diesem Fall extrem konsequent umgesetzt und, glaubt man der Darstellung, es funktioniert. In Kürze die wesentlichen Bestandteile der“Struktur“, die, anders als in klassischen Organisationen, nicht als Organigramm mit Positionen und Berichtslinien darstellbar ist, sondern aus Regeln und Formen der Zusammenarbeit besteht.
Anzeige:
Weiterbildung zur agilen Change Managerin für fundiertes Wissen und praktische Relevanz ohne Berater Bla-Bla. Lernen Sie klassische Change Methoden mit neuen agilen Praktiken zu verbinden. In Kooperation und mit CAS Zertifikat der Hochschule Bremen. Hybrides Lernkonzept, d.h. Präsenz- und Remote Module wechseln sich ab.
Infos und Buchung hier
Die eigentliche Arbeit an den Produkten wird in crossfunktionalen Teams geleistet, wobei in jedem Team bestimmte Fachleute (Designer, Text-Concepter, Marketing-Experte etc) sitzen sowie der Product-Owner. Der sorgt dafür, dass die Anforderungslisten eingehalten werden. Jeder Tag beginnt mit einem Stand-up – da wird besprochen, was zu tun ist und wer was macht. Allein das finde ich genial: Wo herrscht eine solche Transparenz über die zu erledigende Arbeit?
Das funktioniert so gut, dass sich das Tempo der Produktentwicklung schnell verdoppelt hat. Mit einer Nebenwirkung: Man kam kaum noch dazu, über Dinge zu sprechen, die nicht direkt etwas mit der konkreten Produktentwicklung zu tun haben. Also etablierte man einen „Open Friday„. Zweimal im Monat treffen sich alle in der Kantine, jeder kann Anliegen vorbringen, die per Zettel an einer Wand befestigt werden und zu der sich dann kleine Arbeitsgruppen bilden. Kennen wir von Open Space. Auch genial: Regelmäßige Open Space Workshops, Harrison Owen wäre stolz. Auf diese Weise kommen neue Ideen ins Unternehmen und wichtige Anliegen werden rasch aufgegriffen.
Alle zwei Wochen gibt es in jedem Team Review-Treffen – Retro genannt. Da wird besprochen, was gut und was weniger gut funktioniert hat. Wieder genial – das empfiehlt man zwar jedem Projektteam, aber es zum Bestandteil der täglichen Arbeit zu machen, ist schon top. Moderiert werden diese Treffen von den hauptamtlichen Scrum-Mastern, davon gibt es vier in dem 40-Mann-Unternehmen. Wieder genial: Statt klassische Führungskräfte, die Sitzungen leiten, stellt das Unternehmen den Mitarbeitern Moderatoren zur Verfügung.
Und wie sieht es mit Mitarbeiterbeurteilungen aus? Davon ist nicht die Rede, wohl aber von Kollegenfeedbacks. Dazu wählt jeder drei bis fünf Kollegen und bittet sie um Feedback. Regel dabei: Der Feedbacknehmer darf nicht antworten, sich nicht rechtfertigen, er hört nur zu. Da wird Feedback mal ernst genommen.
Neue Mitarbeiter stellt jedes Team selbst ein – eigentlich eine Selbstverständlichkeit, denn wer weißt besser, welche Kompetenzen ein Team benötigt?
Und schließlich: Es wird extrem viel visualisiert. Überall hängen Charts, Grafiken, Post-its, Infos, aktuelle To-dos usw. Ein Zahlenteam stellt monatlich einen Bericht zusammen, der allen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt wird, so dass jeder über die Unternehmenssituation im Bilde ist. Was ich schon häufiger geschrieben habe: Die wahre Kunst der „Führung“ besteht darin, die Mitarbeiter zu befähigen, selbst zu entscheiden, und dazu brauchen sie Informationen. Und diese kann man am besten dort zur Verfügung stellen, wo die Mitarbeiter sich täglich aufhalten. Alles aufhängen, heißt die Devise.