PRAXIS: Die Haltungen von Menschen zu verändern ist alles andere als einfach. Aber genau das wird immer wieder gefordert. Neudeutsch heißt das: Den Mindset ändern. Appelle bewirken da wenig, erst wenn Menschen „günstigere“ andere Erfahrungen machen, kann das klappen. Z.B. durch Hospitation oder Job-Rotation.
Ein alter Hut, sagen Sie? Ist es auch, geben die Autoren in managerSeminare zu (Substanzielle Erfahrungen). Aber einer, bei dem es sich lohnt, es immer mal wieder neu zu probieren. Wie in den folgenden Beispielen:
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- Bei einem Anlagenbauer nahm man es in der Produktion mit kleineren Qualitätsmängeln nicht so genau, Hauptsache, der Prozess geriet nicht ins Stocken. Die Key Account Manager in Asien aber hatten ein massives Problem bei den Kunden, Appelle und Beschwerden änderten nichts. Besuche vor Ort verboten sich in der Pandemie. Also drehten die Manager vor Ort einen Film, die virtuelle Variante einer Hospitation erzielte schließlich Wirkung.
- Bei der Einarbeitung junger Nachwuchsmanager schickte ein Autobauer die Neulinge ein Jahr lang durch alle möglichen Abteilungen, nicht nur durch solche, die für einen späteren Einsatz in Frage kamen. Der Effekt war, dass sie viele Menschen kennen lernten und sich so vernetzten, was in ihrer späteren Praxis zu deutlich schnelleren Problemlösungen führte. Die Hospitationen müssen also gar nicht unbedingt „zweckgebunden“ sein.
- Der Mittelständler Wittgenstein AG schickt Mitarbeiter nach der Ausbildung „auf die Walz“ in ein fremdes Land. Mit wenigen Vorgaben können sie drei Monate auf Reisen gehen, um Erfahrungen in anderen Umgebungen zu sammeln. Die Kosten trägt zum großen Teil das Unternehmen.
- In einer Klinik gelang es, dank „Hospitationsexerimente“ mehr Verständnis zwischen medizinischem, kaufmännischem und Pflege-Personal zu erzeugen. Ein kaufmännischer Mitarbeiter verlegte sogar seinen Arbeitsplatz und arbeitete je eine Woche von unterschiedlichen Stationen aus.
- Bei der eidgenössischen Zollverwaltung tauschten acht von elf Mitgliedern der Geschäftsführung für sechs bis zwölf Wochen ihre Jobs – mit allen Konsequenzen. Der Betrieb konnte ohne Probleme aufrechterhalten werden, alle Aufgaben wurden wie immer erledigt – dank der Fachkompetenz der Mitarbeiter.
In all den Beispielen stieg das Verständnis für die Situation der Kollegen, deren Bedürfnisse und Probleme. Nachvollziehbar, dass der Perspektivwechsel auch zu Änderungen in der Haltung führte.
Das klingt alles ziemlich einleuchtend und sinnvoll. So alt das Instrument auch ist – es dürfte in der Praxis der meisten Unternehmen ein Schattendasein führen. Denn im betrieblichen Alltag stoßen solche Vorhaben oft an ihre Grenzen. Wie oft habe ich erlebt, dass gut gemeinte Einarbeitungsprogramme vorzeitig abgebrochen wurden, weil plötzlich eine Stelle zu besetzen war und der Neue manchmal schon unmittelbar nach seiner Ausbildung dort eingesetzt wurde. Und für viele der oben genannte Hospitationen fehlt angeblich die Zeit – das Tagesgeschäft geht vor.