27. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Schattenvorstände

PRAXIS: Die vielen Versuche, den hoffnungsvollen Nachwuchs zu fördern, indem man sie in spezielle Förderprogramme steckt, kennt man. Ebenso die Fallstricke solcher „Goldfischteiche“. Eine Gruppe junger Mitarbeiter als Schattenvorstand zu etablieren, ist eine ganz andere Nummer. Vor allem, wenn man es richtig macht.

Die Idee ist so schlicht wie gewagt: Man nominiere eine Anzahl von „Talenten“, am besten genauso viele wie ein Unternehmen Vorstandsmitglieder hat, und lasse sie an Vorstandssitzungen nicht nur teilnehmen, sondern sogar mitentscheiden. Das hat zwei Vorteile: Zum einen entsteht mehr gegenseitiges Verständnis: Das Management lernt die Welt aus der Sicht junger Menschen kennen. Der Nachwuchs stellt fest, welch harter Job die Leitung eines Unternehmens darstellt. 


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Zum anderen verbessert es so manche Entscheidung. Vorausgesetzt, man nimmt die Meinung der „Schatten“ ernst. Am besten klärt man im Vorfeld, wie Entscheidungen getroffen werden, und hält sich dann an die Spielregeln. Dann kann es einem so gehen wie dem Vorstand einer Hotelkette, der kurz davor war, eine App zur Buchung von Zimmern in Auftrag zu geben. Die Mitglieder des Schattenvorstandes widersprachen vehement, weil niemand mehr Lust hätte, sich eine weitere App auf seinem Smartphone zu installieren und sich noch mehr Passworte zu merken. Die Entscheidung wurde gekippt und eine direkte Schnittstelle auf der Website geschaffen.

Fallstricke

Also nichts wie ran? Gemach, natürlich gibt es Fallstricke. Das Wichtigste ist, dass das Top-Management von der Idee angetan ist. Muss es z.B. vom Personalleiter überzeugt werden und geht die Sache nur halbherzig an, ist das Ende vorprogrammiert. Weil die Meinungen der Schatten kaum gehört werden. Zum anderen: Die Aufgaben des Parallel-Vorstandes müssen klar beschrieben werden. Am besten funktioniert es, wenn die Mitglieder nicht nur mitreden, sondern für bestimmte Projekte verantwortlich gemacht werden, also auch für die Umsetzung zuständig sind. 

Und dann müssen einige Regularien klar sein. Können sich interessierte Nachwuchsleute bewerben oder werden sie von oben auserkoren? Die Autoren im Harvard Business Manager empfehlen ersteres (Lassen Sie sich beschatten!). Sehr witzig: Dort, wo man noch einmal speziell geprüft hat, schnitten über das offene Verfahren rekrutierte Mitglieder im Assessment Center besser ab als diejenigen aus dem „High-Potential-Pool“. 

Nächte Frage: Nehmen die jungen Leute an jedem Meeting des Vorstandes teil oder nur an ausgewählten? In der Praxis scheint zweiteres häufiger zu sein, dann aber sollte ein Vertreter der Gruppe an den anderen Sitzungen teilnehmen, um seine Kolleginnen auf dem Laufenden zu halten. 

Wie viel Zeit sollten die Nachwuchsleute in diese Rolle investieren? Klar scheint zu sein, dass sie diese neben ihren sonstigen Aufgaben wahrnehmen. Was ja irgendwie witzig ist: Sie sollen Vorstandsaufgaben nebenamtlich wahrnehmen…

Auch eine offene Frage: Treffen sich die Mitglieder des Shadow Boards auch außerhalb der gemeinsamen Treffen, um sich abzustimmen? Und wie sieht es mit der Bezahlung aus: Soll die Tätigkeit zusätzlich honoriert werden?

Empfehlungen der Autoren

Mit einem Kickoff-Meeting starten, um sich gegenseitig kennen zu lernen. Und die Schatten nicht zusätzlich finanziell honorieren, denn entscheidend sei ein echtes Interesse an der Tätigkeit. Auch schon wieder witzig: Es soll wohl Ehre genug sein, mit dem Vorstand so eng zusammen zu arbeiten. Hier wird sogar argumentiert, dass eine finanzielle Vergütung falsche Anreize setzen und die intrinsische Motivation schwächen könnte. Das sollte man mal den „echten“ Vorstandsmitgliedern sagen.

Einerseits gefällt mir die Idee, andererseits: Wieso bietet man so etwas den jungen Menschen an? Würden nicht auch ältere Mitarbeiter, die das Unternehmen in- und auswendig kennen, wertvolle Beiträge leisten können? Und wie sieht es mit anderen Zielgruppen aus? Mich erinnert die Idee an typische Beiräte, die gemischt besetzt werden. Und ich vermisse einen „Fallstrick“: Bei Goldfischteichen sorgt man schon für eine ungesunde Schieflage, weil man mit ihnen allen anderen signalisiert: Ihr seid weniger wichtig, talentiert, förderungswürdig …

Von daher wäre mein Vorschlag, einen solchen Schattenvorstand einfach per Losverfahren zu besetzen. Aber das ist vermutlich zu gewagt …

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