11. Oktober 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Statt Strohfeuer-Rhetorik

INSPIRATION: Was ich zuletzt zum Thema „agiles Lernen“ gelesen habe, hat mich schlicht fassungslos gemacht: Sollte ich lachen oder weinen? Zum Glück habe ich mich an das Bonmot von Fritz Simon erinnert: „Methoden an sich sind weder systemisch noch katholisch.“ Machen wir schlicht einen Haken an den Blödsinn, den man aktuell in einigen Medien lesen kann und lassen ihn links liegen. Beschäftigen wir uns lieber mit guten Beispielen.

Es gibt eben auch gediegenere Veröffentlichungen zum Thema Weiterbildung von Mitarbeitenden in Veränderungsprozessen – wie dieser Beitrag (Wie Mitarbeitende Veränderungsprozesse in Unternehmen gestalten können) zeigt. Am Fallbeispiel eines Automobilzulieferes wird gezeigt, wie man Personal- und Organisationsentwicklung miteinander verschränken kann. „Ziel der Weiterbildung ist es, Veränderungskompetenzen zu vermitteln, die die Teilnehmenden dazu befähigen, selbstständig und initiativ Veränderungsprozesse in ihren Unternehmen anzustoßen.“


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Die Kritik der Agilitätsapostel, dass Personalentwicklung in agilen Zeiten oft zu langsam ist, wird aufgegriffen, aber eine andere, sinnvollere Antwort gegeben: Statt die Mitarbeiter mit dem Verweis auf die Tiefen des Internets tendenziell mit dem Lernen allein zu lassen, stiehlt sich die Personalentwicklung nicht aus der Verantwortung. Die Autorinnen verweisen zur Begründung auf das schon ältere, aber weiterhin gültige Konzept zum Lerntransfer. Dieser hängt von drei Faktoren ab: Dem Individuum, dem Lerndesign und der organisatorischen Unterstützung. Insbesondere die Umsetzungsunterstützung aus dem Unternehmen, so die Forscherinnen, ist erfolgskritisch. Motivierte Mitarbeitende zu haben, die man fröhlich, aber planlos ins Empowerment schickt, werden in der Regel eben nicht Berge versetzen, wenn deren Lernen nicht mit den gesamten Prozessen im Unternehmen verzahnt ist.

Lerntransfer

Learning on the Job, dieses Konzept aus den 1980er-Jahren, wird folglich mit einer kuratorischen Funktion angereichert: Es werden Experten ins Teamlernen eingebunden und Netzwerke geschaffen. Das beginnt schon mit der belanglos erscheinenden, aber hoch effektiven Installation von Lerntandems. Zudem wird die Kollegiale Fallberatung intensiv genutzt. Es werden auch Alumni vorheriger Projekt-Kohorten eingebunden. Obendrein bedient man sich auch eines digitalen Lerntools.

Im Fallbeispiel wurde ein sechsmonatiges Weiterbildungsformat aufgesetzt. Es wurden inzwischen 42 Teilnehmer zu „VeränderungsMacher*innen“ qualifiziert. Außerdem wurden 19 Transferprojekte in 18 niedersächsischen Unternehmen angestoßen. Damit wird eine weitere, regionale Vernetzungsebene sichtbar. Insgesamt basiert das Weiterbildungskonzept also auf vier wissenschaftlich fundierten Prinzipien: Dem Wissen um Lerntransferfaktoren, der Netzwerkorganisation, einem modularen, aber auch individuellen Design von Lernpfaden sowie dem ebenfalls gut erforschten Kompetenzkonzept.

Konkrete Umsetzung

Im Beitrag werden die Modulinhalte dann im Detail vorgestellt. Bemerkenswert daran ist, dass man mit einer Vereinbarung startet. Die Geschäftsführung committet sich. Im Weiteren werden auch Trainer als Experten eingebunden, die die Mitarbeiter beispielsweise mit dem Ansatz des Design Thinkings vertraut machen. Ingenieurwissenschaftliche Experten der TU Braunschweig bieten den Mitarbeitenden Input in Zukunftstechnologien an. Insgesamt kann das Fallunternehmen einen enormen Qualitätssprung verzeichnen. Vormals handschriftliche Dokumentationen wurden digitalisiert, Optimierungspotenziale konnten erschlossen werden und die Prozessverschlankung bewirkte eine deutliche Zeitersparnis.

Das Beispiel zeigt, wie gute Personal- und Organisationsentwicklung aussehen kann und sollte. Und dass es wenig sinnvoll ist, altes bewährtes Wissen im Agilitätsrausch in die Tonne zu treten und sich stattdessen, hochmotiviert, aber naiv damit zu beschäftigen, wie man das Rad neu erfinden kann.

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