6. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Burn-out-Fallen vorbeugen

INSPIRATION: Auch wenn wir noch so oft an Organisationen und Führungskräfte appellieren, für menschengerechte Arbeitsbedingungen zu sorgen – sie haben letztlich nur ein Interesse an Menschen, so lange diese ihren Dienst tun. Sich um deren Wohlbefinden zu kümmern, steht nicht an erster Stelle. Daher müssen wir uns selbst kümmern.

Über diese These kann man jetzt lange diskutieren, aber letztlich trifft Klaus Eidenschink in der wirtschaft + weiterbildung einen wichtigen Punkt: Wer in einer Organisation steckt, der kann sich zwar wünschen, dass es dort anders zugeht, aber wenn sich nichts ändert, dann hat er weiterhin das Problem.


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In dem umfangreichen Beitrag (Absehbare Burn-out-Fallen) erklärt Eidenschink die wesentlichen Burn-out-Ursachen auf Seiten desjenigen, der in eine solche Krise gerät. Es gibt demnach fünf stresserzeugende Erwartungen:

  1. Wir erwarten „Humanität“ – Organisationen sind aber nicht für ihre Mitglieder da, was bedeutet, dass sie auch mal inhuman zu diesen sein müssen, wenn sie ihre Ziele erreichen wollen.
  2. Wir erwarten „Wertschätzung“ – schön, wenn man sie bekommt, aber es gibt kein Recht auf Wertschätzung. Der Gegenwert für eine erbrachte Leistung ist das Gehalt. Wohl dem, der nicht darauf angewiesen ist, dass äußere Wertschätzung innere Wertschätzung ersetzt.
  3. Wir erwarten „Sicherheit“ – wer sicheres Gehalt, sichere Arbeitsplätze, sichere Bezahlung erwartet, verkennt, dass Organisationen „auf die Austauschbarkeit ihrer Rollen angewiesen“ sind. Anders als z.B. in der Familie. Hier geht es um den jeweiligen Menschen, in Organisationen hingegen um die Funktion, die er erfüllt.
  4. Wir erwarten „Gerechtigkeit“ – dass es diese in Organisationen gar nicht geben kann, sollte eigentlich klar sein. Jeder Unternehmensbereich hat unterschiedliche Interessen, was für den einen gerecht sein mag, ist für den anderen ungerecht.
  5. Wir erwarten „Sinn“ – eine Erfindung der Neuzeit. Wer hofft, dass die Organisation der eigenen Tätigkeit Sinn gibt, der muss gestresst sein. Sinn kann man Tätigkeiten und Dingen nur selbst geben.

Vereinfacht ausgedrückt: Je größer unsere Erwartungshaltung an den Arbeitgeber, desto größer das Stresspotenzial und die Gefahr eines Burn-outs. Die nächsten Faktoren, die unsere Gesundheit gefährden, ist eine mangelnde seelische Selbstregulation. Wer in der Kindheit keine entsprechenden Formen der Selbstregulation ausgebildet hat (deren wichtigste Basis das Gefühl „Ich bin in Ordnung“ ist), der wird ungünstigen äußeren Bedingungen gegenüber anfälliger sein.

Nach der Transaktionsanalyse gibt es verschiedene Kompensationsstrategien, mit dem Geühl „Ich bin nicht o.k.“ umzugehen, nämlich den Satz „Ich bin o.k“ an eine Bedingung zu knüpfen. Das kennen wir alle sicher nur zu gut: „Ich als Person bin nur dann in Ordnung, wenn…“ Damit wird das „Sein“ mit dem „Tun“ gekoppelt, eine Handlung bestimmt, ob ich gut oder schlecht, richtig oder falsch bin. Die bekanntesten Kompensationsstrategien sind:

  • Ich bin o.k., wenn ich perfekt bin – heute mehr denn je ein Stressfaktor, weil in einer so instabilen Welt eigentlich nichts perfekt sein kann.
  • Ich bin o.k., wenn ich stark bin – auch immer schwieriger einzuhalten bei all den 360-Grad-Feedbacks und Assessments, in denen man seine Schwächen präsentiert bekommt.
  • Ich bin o.k., wenn ich es anderen recht mache – der Klassiker, bei dem man sein Wohlbefinden von dem anderer abhängig macht und kaum nein sagen kann.
  • Ich bin o.k., wenn ich mich beeile – in einer Welt mit überlaufenden Mail-Eingängen kaum noch machbar.
  • Ich bin o.k., wenn ich mich anstrenge – das Leben ist ein einziger Kampf, und heute kann man sich noch so sehr anstrengen, fertig wird man sicher nie.

Es kommt noch schlimmer. Wer keine dieser Strategien entwickeln konnte, der hat noch die Möglichkeit, sich „in den Schein zu retten„. Die eine Selbstverleugnung heißt „Ich spüre keinen Schmerz„. Gut zu erkennen an dem Motto „Geht nicht, gibt’s nicht!“ Diese Menschen gehen immer über ihre Grenzen hinaus, aber irgendwann überfordern sie sich, die einen früher, die anderen später.

Die andere heißt „Ich bin grandios“ – eine populäre Form der Selbstverleugnung, auch „Narzissmus“ genannt. Das geht gut, bis der Realitätsverlust zu groß ist und der Absturz aus großer Höhe erfolgt – da fallen einem so einige Namen ein.

Irgendetwas hiervon steckt in jedem von uns, und wenn Sie sich jetzt fragen, ob ihre Selbstregulationsmechanismen funktionieren, kommt hier eine kleine Checkliste nach Eidenschink:

  1. Wenn etwas schief geht – können Sie es bedauern und sich dann selbst trösten oder machen Sie sich heftige Vorwürfe?
  2. Können Sie sich selbst verzeihen, wenn etwas nicht geklappt hat?
  3. Können Sie sich klare Grenzen setzen oder sagen Sie häufiger ja, wenn Sie ein nein empfinden?
  4. Können Sie nach der Arbeit abschalten ohne das Gefühl, abschalten zu müssen?
  5. Hängt Ihr eigener Selbstwert nicht vom Erreichen beruflicher Ziele ab oder haben berufliche Ziele eine „exklusive“ Bedeutung?
  6. Motivieren Sie primäre Ziele oder sind für Sie Ersatzbedürfnisse wie Macht, Geld oder Bewunderung wichtig?

Gute Fragen, die zumindest ein Gefühl dafür vermitteln, aus welcher Ecke die Gefahr eines Burn-outs drohen könnte.

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