KRITIK: Verlockend: Warum als Trainer durch die Lande ziehen und sich stundenlang mit Teilnehmern herumschlagen, wenn man doch als „Speaker“ mit einem einzigen Vortrag mindestens ebenso viel verdienen kann? Aber wie geht das? Geht es überhaupt?
Natürlich geht es, prominente Menschen machen es uns ja vor. Sie erhalten für einen einstündigen Vortrag so viel wie andere für ein dreitägiges Seminar. Womit wir beim ersten Problem sind: Prominent müsste man sein! Das ist auch eine These eines Beitrags in der wirtschaft + weiterbildung. Die Autorin berichtet von einem Treffen der „German Speaker Association“ (Zuerst kompetent, dann prominent) und stellt drei Thesen, die dort vertreten wurden, vor.
Die erste lautet, dass Prominenz der wesentliche Erfolgsfaktor ist. Da aber Prominenz ja etwas ist, das man nicht einfach so „besitzt“, folgen in dem Beitrag natürlich auch die passenden Tipps. Demnach erlangt man Prominenz zuvorderst nicht durch eine bestimmte Fachkompetenz. Haben wir schon geahnt, oder? Ein Herr Klitschko wird ja nicht als Redner gebucht, weil er Fachmann für Motivation ist, sondern weil er auf einem bestimmten Gebiet bekannt wurde. Und dort wurde er nicht bekannt, weil er unbedingt ein erfolgreicher Redner werden wollte.
Das ist nun ein Dilemma – wie werde ich ein erfolgreicher Redner, wenn ich noch nicht bekannt bin? Die Tipps lauten in Kürze so: Mut haben, über die eigene Persönlichkeit, die eigene Geschichte und die eigenen Erfahrungen zu sprechen. Und eine gute Öffentlichkeitsarbeit machen, wozu heutzutage unbedingt das Online-Marketing zählt. Und wenn man dann gebucht wird, bei Honorarverhandlungen nicht zu sehr kuscheln, sondern klare Kante zeigen.
Vermutlich haben die Gäste bei dieser Veranstaltung andächtig gelauscht und dafür Geld gezahlt. Und sind hoffentlich mit der Erkenntnis herausgegangen, dass sie vielleicht erst einmal etwas Großartiges leisten sollten, mit dem sie bekannt werden können. Oder sich auf irgendeine Art zum Deppen zu machen, denn auch damit kann man heute ja prominent werden.
Wenn sie dann diesen Status haben, können sie versuchen, dafür Geld zu nehmen, wenn sie anderen erzählen, wie sie prominent wurden und was sie dabei erlebt haben. Was wiederum bedeutet, dass man sich von mehr oder weniger erfolgreichen Rednern besser nicht erklären lassen sollte, was einen Menschen als Redner erfolgreich macht. Mal ehrlich: Warum sollten wirklich erfolgreiche Redner, die damit viel Geld verdienen, sich vor Möchtegern-Redner stellen und diesen ihr „Erfolgsrezept“ verraten?