PRAXIS: Wer Präsentations-Charts erklärt wie ein Kunstführer ein Gemälde im Museum, der hat denn Sinn von Charts nicht verstanden. Alles sagen, einiges zeigen und im Anschluss eine vernünftige Dokumentation verteilen will gelernt sein. Ihre Zuhörer werden es Ihnen danken.
Tatsächlich wird der Sinn von Charts, die man per Beamer an die Wand wirft, immer noch nicht wirklich verstanden. Oder man ist zu bequem, sie angemessen zu gestalten und einzusetzen. Wie auch immer: Charts sind keine Stichwortgeber oder Inhaltsverzeichnisse, an denen man sich entlangehangelt. Und Charts sollten auch nicht gleichzeitig das Handout sein, das im Anschluss an die Präsentation verteilt wird.
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Die zentrale Botschaft dieses Beitrag, entnommen dem Buch „Perfekt schreiben, reden, moderieren, präsentieren“ von Werner Lauff, lautet: „Ihre Charts enthalten das, was zum Verstehen, Lernen oder Nachempfinden notwendig ist.“ (Würde ich jetzt eine Präsentation halten, würde ich den Satz mit Nachdruck wiederholen!).
Diese Botschaft sollte man ernst nehmen. Prüfen Sie sich selbst, wenn Sie eine Präsentation vorbereiten: Wie gehen Sie vor? Denken Sie darüber nach, wie Sie Ihren Vortrag illustrieren können oder wie Sie ihn illustrieren müssen? Es sollte letzteres sein.
Texte
Die Mittel, die Ihnen bei Charts zur Verfügung stehen, sind: Texte, Fotos, Grafiken und Videos. Bei den Texten geht es schon los. Viele Vortragende werfen Schlagworte an die Wand, womit schon klar ist, dass diese vermutlich Stichworte für sie selbst sind. Versuchen Sie stattdessen ganze Sätze zu verwenden – aber in der Kürze liegt die Würze. Z.B. aus einem Vortrag über Führung mit Werten:
1. Chart: Pünktlichkeit:
„Ich starte jedes Meeting exakt zum angesagten Zeitpunkt.“
2. Chart: Klarheit:
„Meine Texte sind einfach und verständlich.“
3. Chart: Zuverlässigkeit:
„Wenn ich etwas zusage, halte ich mich daran.
Gelingt das nicht, erläutere ich die Gründe.“
Die Spielregeln lauten:
- Ein Gedanke, ein Chart – das kann auch mehr als ein Satz sein, aber dann die Sätze trennen (siehe Beispiel 3)
- Subjekt nach vorne, Aktiv statt Passiv (mehr dazu in „Verständlich schreiben“).
- Linksbündig formatieren
- Nur eine Schriftart verwenden
- Groß- und Kleinbuchstaben verwenden
- Formatierungen wie fett oder kursiv weglassen
- auf Animationen verzichten
- einen ruhigen Hintergrund verwenden.
Kein Hexenwerk, oder?
Fotos
Fotos sind sehr gut geeignet, die Ziele Lernen, Verstehen oder Nachempfinden zu erreichen – wenn sie denn richtig eingesetzt werden. Immer dran denken: Können sie zum Verstehen, Lernen oder Nachempfinden beitragen oder müssen sie sein? Wenn Sie zu dem Ergebnis kommen, dass ein Foto notwendig ist, dann sollten sie möglichst Menschen zeigen, und zwar nicht irgendwelche aus einer Fotosammlung, sondern reale aus Ihrem Bereich. Und lenken Sie den Blick auf Details – Fotos, die aus großer Entfernung nur Übersichten zeigen, lösen weniger Gefühle aus.
Ansonsten gelten diese Tipps:
- Fotos so groß wie möglich zeigen
- Möglichst nur ein Foto pro Chart
- Möglichst ohne Text zeigen
- Foto erst wirken lassen, bevor Sie weiterreden. Und dann möglichst wenig zum Foto selbst sagen – es für sich selbst sprechen lassen (Zur Erinnerung: Sie sollen kein Gemälde im Museum für Ihre Zuhörer interpretieren!)
- Nicht zu schnell weiter klicken.
Grafiken
Eine sehr wichtige Faustregel: Ist der Inhalt einer Grafik nicht in drei Sekunden erfassbar, sollten Sie Datenreihen ausblenden und in einem zweiten Chart zeigen. Jede Wette, dass Sie nach dieser Regel eine Menge Charts „zerlegen“ müssen.
Die zweite Faustregel: Lassen Sie den Text bei einem Chart weg. Wozu sollte dort stehen „Die Entwicklung der Nachfrage in den letzten 12 Monaten“, wenn Sie das gleichzeitig aussprechen? Die Grafik selbst soll nur das Gesagte illustrieren, damit es besser verstanden, behalten oder nachempfunden werden kann.
Und schließlich: Grafiken kann man so oder so darstellen. Entscheidend ist die Skalierung. Wenn die Werte zwischen 30 und 40% liegen, macht es einen großen Unterschied, ob die Y-Achse bei 0 oder bei 20 beginnt, bei 100 oder bei 50 endet. Wie auch immer sie die Skalierung wählen, sie ist manipulativ. Und wenn schon manipulieren, dann wenigstens mit Absicht und nicht, weil es Excel Ihnen vorgibt.
Dokumentation
Wenn Sie Ihre Präsentation nach den genannten Spielregeln gestalten, eignen sich die Charts natürlich nicht als Handout. Wer kann später etwas mit Grafiken ohne Überschrift anfangen? Mit Fotos ohne Erläuterung? Damit stehen Sie vor einem Problem, das genau dazu führt, dass eben viele Charts völlig mit Text überladen sind.
Da bleibt Ihnen nicht viel anderes übrig, als Ihr Manuskript zu nutzen, so Sie denn eines haben. Sie fügen die Charts dort ein und fertig ist das perfekte Handout, nach dem sich Ihre Zuhörer so sehr sehnen. Diese Doppel-Arbeit machen Sie sich nicht? Dann werden Sie wohl weiter zu denjenigen gehören, die vollgestopfte Charts verwenden und sich wundern, dass ihre Präsentationen eben niemanden vom Hocker reißen.
Quelle: Werner Lauff: Perfekt schreiben, reden, moderieren, präsentieren. Schäffer Poeschel 2016, S.206-254