PRAXIS: Wie Sie sich in den ersten 100 Tagen als Führungskraft verhalten, hängt vor allem davon ab, mit welchem Auftrag Sie in diese Position gehoben wurden. Wenn Sie als Feuerwehrmann gerufen wurden, der in kürzester Zeit Brände löschen muss, bleibt Ihnen möglicherweise kaum Zeit. Aber kennen Sie Ihren Auftrag? So merkwürdig das auch klingt: Viele neue Chefs treten ihre neue Position an und kennen diesen Auftrag tatsächlich nicht. Ihre Vorgesetzten haben bestimmte Erwartungen, aber wie so oft unter Menschen werden gegenseitige Erwartungen nicht offen angesprochen. Daher die sehr ernst gemeinte Empfehlung: Klären Sie mit Ihrem (neuen) Chef zu allererst, was er sich genau von Ihnen erhofft – und vor allem, welche zeitlichen Vorstellungen er dabei hat.
Und dann erbitten Sie sich Bedenkzeit. Sagen Sie nichts zu, sondern vereinbaren einen Termin für ein zweites Gespräch, um dann über diese Erwartungen und den Zeitplan eine konkrete Vereinbarung zu treffen. Nutzen Sie bis dahin die Zeit, um sich einen Überblick zu verschaffen. Sprechen Sie mit den wichtigsten Leuten in der Umgebung. Achten Sie dabei auf Hierarchien und wählen Sie bewusst die „richtige“ Reihenfolge der Gespräche. Vor allem: Machen Sie Ihr Vorgehen transparent. Wenn Sie mit Kunden sprechen wollen (was dringend zu empfehlen ist), lassen Sie dies Ihre Mitarbeiter bzw. die zuständigen Kundenbetreuer wissen. Und nehmen Sie sich viel Zeit für das Gespräch mit ihren neuen Mitarbeitern.
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Lassen Sie sich nicht verleiten, in Hektik zu verfallen und sofort erste Maßnahmen zu verkünden. Ihre wichtigste Aufgabe lautet: Fragen und zuhören. Kommunizieren Sie dies auch offen: Dass Sie interessiert sind, die Kollegen, die Kultur, die Kunden, die benachbarten Bereiche, die bisherigen Erfahrungen kennen zu lernen. Und geben Sie Feedback zu Ihren Eindrücken. Lassen Sie vor allem Ihre Mitarbeiter nicht im Unklaren über das Bild, das Sie gewonnen haben.
Noch einmal: Erläutern Sie Ihren Mitarbeitern, wie Sie vorzugehen gedenken, mit wem Sie in welcher Reihenfolge sprechen werden, und informieren Sie sie über das Ergebnis Ihrer Gespräche. Wenn Sie dann schließlich erste Maßnahmen und Änderungen vornehmen, wird es Ihnen nicht schwerfallen, diese zu begründen.
Wenn sich Ihr Bild gefestigt hat, führen Sie mit Ihren Mitarbeitern einen Ziele-Workshop durch. In diesem legen Sie gemeinsam fest, was Sie in einem definierten Zeitraum erreichen möchten. Und wem dabei welche Aufgabe zukommt.
Auch hier gilt wieder: Transparenz ist das oberste Gebot. Die Mitarbeiter wissen, woran sie mit Ihnen sind und Sie werden sehr schnell feststellen, wer von ihnen sich auf welchen Gebieten engagiert und Sie und Ihr Team voranbringt.
Ach ja – ein vielleicht banaler Tipp, aber manchmal vernachlässigt: Sprechen Sie nicht schlecht über Ihren Vorgänger. Enthalten Sie sich wenn irgendwie möglich einer Bewertung seiner Entscheidungen und seines Führungsstils.
Noch zwei Hinweise aus den Empfehlungen eines CEOs:
- Zollen Sie der Geschichte Respekt, bauen Sie auf Bestehendem auf, aber lassen Sie sich nicht in die Geschichte hineinziehen.
- Versuchen Sie nicht, jemanden zu kopieren, sondern handeln Sie in Ihrem Stil und nach Ihren Überzeugungen.
(aus: Brigitte Winkler: Einstiege und Anfänge – Empfehlungen für Manager, Organisationsentwicklung 3/2005, S. 15)