KRITIK: Kein wirklich schöner Forschungsgegenstand: Menschen mit narzisstischen, psychopathischen und manipulativen Persönlichkeitsmerkmalen. Ein Professor der Universität von Nevada tut genau das und gibt ein Interview in der Wirtschaftswoche („Psychopathen neigen dazu, Regeln nicht zu akzeptieren“). Klar, das Thema interessiert nahezu jeden, weil das „Böse“ nun mal fasziniert. Warum sonst boomen alle nur erdenklichen „True Crime-Geschichten“?
Es geht also um die dunkle Triade. Und wie man Menschen erkennt, die zu einer der drei Varianten zählen. Das geht angeblich mit einfachen Fragen. Dem Machiavellisten (also dem Berechnenden, strategisch seinen Vorteil Suchenden) stellt man Fragen, die für den „normalen“ Menschen nicht so leicht zu beantworten sind. Über die wir erst einmal eine Weile grübeln müssen, z.B. moralische Fragen. Der Machiavellist hat in der Regel kein Problem, hierauf einfache, sehr pragmatische Antworten zu finden.
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Den Narzissten enttarnt man, indem man seine Unfähigkeit, Fehler zuzugeben, nutzt. Frage man nach früheren Fehlern, fallen ihm keine ein oder erklärt diese mit der Unfähigkeit anderer. Und bittet man ihn, bestimmte Fachbegriffe zu erläutern, erfindet er lieber Antworten als zuzugeben, dass er sie nicht kennt. Also darf man sich auch mal einen solchen ausdenken.
Und den Psychopathen? Den fragen Sie nach Regeln, die er bei seinem letzten Arbeitgeber lächerlich fand. Denn er lässt für sich keine Regeln gelten.
Nicht zwangsläufig negativ?
Mal angenommen, es ist alles andere als einfach, extreme Persönlichkeiten „auszusortieren“ – hat man sie dann doch in der Organisation, bedeutet es, dass unausweichlich negative Folgen drohen? Nicht unbedingt, sagt der Professor, jede der Eigenschaften „hat eigene Attribute, die nicht zwangsläufig negativ sind“. So ist der Narzisst offen und extravertiert, entschlossen, visionär und kann andere für eine Sache begeistern. Sie geben gute Vertriebler und Verkäufer ab, weil sie so charmant sind. Und es fällt ihnen auch nicht schwer, „Zehntausende Arbeiter rauszuschmeißen, wenn es notwenig ist.“ Wie praktisch.
Machiavellisten sind gute Finanzermittler und Wirtschaftsprüfer. Weil sie denken wie Betrüger, eignen sich sich auch gut in Positionen, wo es um Cybersicherheit geht. Weil sie solche Situationen als Duell verstehen, das sie unbedingt gewinnen wollen. Aber wohlgemerkt – nur wenn die dunklen Eigenschaften in Maßen vorliegen. Für den Psychopathen hingegen fällt dem Professor beim besten Willen kein geeignetes Einsatzgebiet ein.
Noch eine Erkenntnis: Gefragt, ob bestimmte prominente Unternehmer zu einer der drei Spezies gehören, bezieht er eine klare Position: Ohne klinische Diagnostik sollte man niemanden so benennen. Aber lässt sich dann doch dazu hinreißen, ihnen Verhaltensmuster zu attestieren, die typisch für einen Narzissten oder Machiavellisten sind. Denn, so seine tiefe Überzeugung, „ganz nach oben kommt niemand, der sich stets einwandfrei verhält.“ Und wie man weiß, schaffen es Menschen nach ganz oben, die sich nachweislich sogar kriminell verhalten.
Sind wir damit schlauer? Ich tue mich schwer mit Typologien und frage, ob es viel nützt, unethisches Verhalten auf die Persönlichkeit zurückzuführen. Ist es nicht sinnvoller ist, statt sich mit selbiger zu beschäftigen, lieber der Frage nachzugehen, was ethisches Verhalten mit der Organisationskultur – oder größer gedacht – mit der Gesellschaft zu tun hat (Bier ist Bier und Schnaps ist auch Alkohol)?