15. Mai 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Gewissenhaftigkeit als Führungskompetenz

KRITIK: Gewissenhaftigkeit ist eines der „Big Five“ Persönlichkeitsmerkmale (neben Offenheit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus), und sie sind der „Goldstandard“ in der Persönlichkeitstheorie. Stellt sich also die Frage, ob jemand, der besonders gewissenhaft ist, als Führungskraft in Frage kommt oder ob das Merkmal Führung eher zum Albtraum werden lässt. 

Erst einmal die Details: Erfasst wird das Merkmal „Gewissenhaftigkeit“ in sechs Unterkategorien bzw. Merkmalen, wenn eines hiervon schwach ausgeprägt ist, hat das Konsequenzen (Wenn Führung zum Albtraum wird). Eine Führungskraft, der es an Kompetenz fehlt bzw. am Glauben an die eigene Kompetenz, wird kaum Mitarbeiter hinter sich bringen können. Eine zu geringe Ordnungsliebe könnte ebenso wie mangelndes Pflichtbewusstsein dazu führen, dass man es mit Regeln und Strukturen nicht allzu genau nimmt, entsprechend werden sich die Mitarbeiter verhalten. Auch in Sachen Leistungsstreben haben Führungskräfte eine Vorbildfunktion, zu wenig davon wird kaum förderlich für das Arbeitsklima sein. Bleiben noch Selbstdisziplin und Besonnenheit – eine Führungskraft, die keine Entscheidungen trifft, Dinge vor sich herschiebt oder nicht groß nachdenkt, sondern stets spontan aus dem Bauch heraus entscheidet, dürfte ebenso kaum erfolgreich sein.


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Wer nun denkt, dass eine hohe Gewissenhaftigkeit eine gute Voraussetzung für Führungserfolg ist, wird zurückgepfiffen. Das Gegenteil ist nämlich auch nicht nützlich. Wer sich für allzu kompetent hält (selbst wenn er das ist), wird Mitarbeitern keinen Raum lassen, zu viel Ordnungsliebe und Pflichtbewusstsein führen zu Bürokratie und kleinlicher Regeltreue, und zu viel Leistungsstreben und Selbstdisziplin mögen in Rücksichtslosigkeit und mangelnder Empathie für die Belange der Mitarbeiter ausarten. Schließlich sind allzu besonnene Menschen eher zögerlich und umständlich, da ist es mit der Dynamik nicht weit her. Gerade in Zeiten, in den Agilität gefragt ist, also keine guten Voraussetzungen.

Empfehlungen des Autors: Gewissenhaftigkeit sollte standardmäßig bei der Personalauswahl erfasst werden, wobei zumindest eine mittlere Ausprägung vorgefunden werden sollte. Na, da sind wir aber so richtig platt. Ich war mal neugierig und habe mir die anderen vier Merkmale der Big Five bzw. ihre „Unterkategorien“ angeschaut. Zum Beispiel die der Extraversion: Herzlichkeit, Geselligkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Aktivität, Erlebnishunger und Frohsinn. Jetzt mal im Ernst: Gilt all das oben Beschriebene hier nicht ebenso? Eine Führungskraft mit zu wenig ist wohl genauso problematisch wie eine mit zu viel Aktivität. Beim Durchsetzungsvermögen dürfte es nicht anders aussehen. Und was ist mit Menschen, die allzu gesellig oder völlig distanziert sind?

Will sagen: Nimmt man diese epochalen Erkenntnisse ernst, müssten dann nicht sämtliche Merkmale (mal abgesehen von Neurotizismus) immer irgendwo im mittleren Bereich liegen? Ob Führungskraft oder nicht – müsste nicht jeder Extremwert höchst misstrauisch zu betrachten sein? Was wiederum eine Binsenweisheit ist, oder? Wie vermutlich alle vorangegangenen Betrachtungen, dazu muss man weder Psychologe noch Professor für Allgemeine Betriebswirtschaft sein. Was also bleibt als Empfehlung? Wem auch immer Sie welchen Job geben – schauen Sie auf extreme Ausprägungen von Eigenschaften und Fähigkeiten und überlegen sich, ob dies ein Problem sein könnte. Aber selbst das ist wieder eine Binsenweisheit.

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