7. September 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Kleiner Zettel, große Wirkung?

INSPIRATION: Ich gebe zu, ich habe eine Weile gebraucht, bis ich die Versuchsanordnung verstanden habe. In einem Feldexperiment haben Forscher durch einen kleinen Hinweis an der Erntemaschine die Leistung von Erntehelfern beeinflusst.

Die Situation vor Ort war wohl diese: Am Beginn eines jeden Tages erhalten die Team-Manager die Informationen, für welches Feld ihre Gruppe eingeteilt wurde und wieviel Cent pro Salatkopf gezahlt wird. Das ist aber nicht die einzige „Stellgröße“. Es gibt noch ein Malus-System, d.h. für minderwertige Salatköpfe gibt es Abzüge, damit soll die Qualität gesteuert werden. Dieser Aspekt wird noch durch eine „Turnierkomponente“ gesteigert – das Team mit der besten Erntequalität bekommt noch einen zusätzlichen Eurobetrag ausgezahlt.

Die Idee: Als Teamleiter muss ich mir nun überlegen, wie viele Leute ich für die Ernte selbst und wie viele für Unterstützungstätigkeiten einteile. Kriege ich das gut ausbalanciert, kann ich mein eigenes Gehalt steigern. Wobei ich nie sicher sein kann, ob eine zu große Konzentration auf die Qualität gar nichts bringt, weil am Ende ein anderes Team den Sonderbonus gewinnt. Ein bisschen Lotterie also – was schon ein ziemlich schräges System ist.

Was haben nun die Forscher gemacht? Nichts anderes als morgens einen kleinen Zettel an die Erntemaschine gehängt, auf dem zu lesen war, wie viel es an diesem Tag pro Salatkopf gibt (immer nur wenige Cent). Sichtbar nicht nur für den Teamleiter, sondern auch für die Erntehelfer.

Der Wissenschaftler erklärt in dem Interview im Harvard Business Manager (Die Kraft kleiner Hinweise), welche Auswirkungen das hatte. Die geerntete Menge stieg um 3 bis 4 Prozent, die Qualität sank um 4% und die Vergütung der Teamleiter stieg um 4,5%.

Und die Erklärung dazu? Er glaubt nicht, dass der Hinweis die Mitarbeiter zu größeren Anstrengungen animiert hat, sondern lediglich, dass die Teamleiter glaubten, die Leitung wolle mit dem Hinweis die Quantität betonen und deshalb die Arbeit anders organisierten – also mehr Helfer zum Ernten einsetzten. Was die Menge erhöhte und die Qualität senkte.

Und die Konsequenzen aus dem Experiment? Sie lautet, dass komplexe Anreizsysteme nicht wirklich zielführend sind. Hier war es wie in vielen Betrieben: Erst wird ein Modell entwickelt (X Cent pro Salatkopf), mit der Folge, dass alle geerntet werden, auch die schlechten. Dann wird ein Malussystem ergänzt. Weil das nicht reicht, wird noch eine Prämie für Qualität ausgesetzt. Am Ende durchschaut das niemand mehr. Vor allem aber: Es steht für ein mechanistisches Bild von Organisationen: Mit Stellhebeln im Cockpit wird die Leistung gesteuert.

Und nun? Der Forscher spricht von einem Trend, der weg von diesen „Key Performance Indicators“ (KPI) zu eher holistischen Systemen geht. Für den Fall der Erntehelfer würde das bedeuten, dass der Unternehmer den Teamleiter nicht mehr rein nach Zahlen bewertet, sondern sich seine gesamte Leistung anschaut (vielleicht auch danach, wie er seine Leute behandelt) und dabei in Kauf nimmt, dass diese Bewertung subjektiv ist. Und dass es eben einfach nicht das ideale Anreizsystem gibt.

Ich fände es mal interessant, das Experiment etwas zu ändern, nämlich insofern, dass man den Erntehelfern jeden Tag nach der Arbeit Zahlen an die Maschine hängt über Qualität und Quantität der geernteten Salatköpfe. Und am besten noch die Zahlen, was das Unternehmen daran verdient. Wäre spannend…

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