28. Juni 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Konstruktionsfehler

Kaum zu bestreiten: Unternehmen müssen schon immer Neues auf den Markt bringen, wenn sie bestehen wollen. Heute ist der „Zwang zur Innovation“ noch größer, sie sind „zur Innovation verdammt“ – hört man immer wieder. Die Innovationen Start-up-ähnlichen Labs zu übertragen, kann funktionieren, wenn da nicht ein grundlegender Fehler gemacht würde.

Der Grundgedanke ist bekannt: Weil die großartigen neuen Ideen heutzutage offenbar vor allem in Start-ups voller junger Leute mit Unternehmergeist und grenzenlosem Engagement gedeihen, gründet man solche „Schnellboote“ selbst, die neben dem „großen Tanker“ wendig und eigenständig agieren. Ein großes Problem dabei: Die engagierten Unternehmer kehren irgendwann auf den Tanker zurück und fühlen sich dort nicht mehr wohl. Und die „Tankerbesatzungen“ schauen mit Misstrauen auf die Exoten, die machen dürfen, was sie wollen, während sie im Maschinenraum die Gewinne erwirtschaften.


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Der Irrweg der Separierung

An einem schönen Beispiel aus einem völlig anderen Kontext erläutern die Autoren Kaduk und Osmetz in der managerSeminare, warum das ein Irrweg ist (Labs als Inhouse-Gegenkulturen). Im Rahmen eines Sozialexperimentes wurde mit Hilfe von Spendengeldern in einem indischen Dorf mit 1.200 Einwohnern ein Skaterpark errichtet. Ähnliches war zuvor in Afghanistan ausprobiert worden. Dort baute man einen solchen Park in Kabul. Die Kinder sammelten dort neue Erfahrungen und bekamen parallel eine schulische Ausbildung. Das Problem dabei: Wenn sie in ihre Dörfer zurückkehrten, hatte sich dort nichts verändert. Manche der Rückkehrer kamen hier nicht mehr klar.

In Indien, wo die Anlage mitten im Dorf errichtet wurde, „wurde die Gegenkultur mitten ins Herz der herrschenden Kultur gesetzt“ – wie mutig. Es gab keine Abgrenzung, jeder konnte sie betreten und nutzen. Es galten nur zwei klare Regeln: „Keine Schule, kein Skateboarding“ lautete die eine, „Mädchen zuerst“ die andere. Nur wer die Schule besuchte, durfte skaten, und wenn Mädchen skaten wollte, musste ihr jeder Junge, den sie um ein Brett bat, ihr dieses abtreten. Ergebnis des Experiments: Der Schulbesuch stieg um 30% und Mädchen haben heute nicht nur unter den Kindern einen höhere Stellenwert. Spannend.

Die Übertragung auf die Unternehmens-Labs ist einfach: Statt diese außerhalb der Organisation in schicken Co-Working-Spaces anzusiedeln, sollten sie im Herz des Unternehmens platziert werden. Dort kann sie jeder betreten, teilhaben, sich informieren und mitwirken. Zwei Welten unter einem Dach, so dass die beiden Logiken – hier klassische Effizienz, dort Experimentierfreude und Selbstverwirklichung – aufeinander treffen.

Mittendrin

Die Chancen steigen, dass in einem solchen Setting die Grenzen aufweichen, Neues eine Chance hat, ohne dass „der eingeübte Steuerungs- und Kontrollreflex greift„, der irgendwann auch die Schnellboote lähmt. Und wie in dem indischen Dorf, wo der Park erweitert wurde, Übernachtungsmöglichkeiten und ein Fahrradverleih entstand und die Trinkwasserversorgung gesichert wurde, könnte ein solches Lab im Zentrum des Unternehmen dazu führen, dass dieses als Gesamtheit profitiert und sich die Kultur allmählich verändert. Wobei es auch hier sicher einige wenige, aber klare Regeln im Umgang mit dem Innovationskern geben muss (von den Autoren „Harte Pole“ genannt).

Vielleicht nutzen Sie einfach in Zukunft die Metapher des Skaterparks in einem indischen Dorf statt die vom Tanker und Schnellboot …

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