16. Mai 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Langzeit-EKG

KRITIK: Früher bedeutete Talentmanagement, geeignete „Talente“ für Schlüsselpositionen zu identifizieren. Heute bedeutet es, die Mitarbeiter kontinuierlich zu screenen, ob sie ihre „Talente“ auch wirklich ausleben. Man könnte es auch Performance Management nennen. Und dazu benutzt man entsprechende Talentmanagement-Software. Also nicht dieses Old-School-Zeugs: Excel-Tabellen. Auch nicht die moderneren Personalmanagement-Suiten oder 360-Grad-Feedbacks. Nein: Wir „verkabeln“ die Mitarbeiter nun virtuell. So entsteht so etwas wie ein Langzeit-EKG der Mitarbeiter.

Davon träumen Führungskräfte der command’n’control-Fraktion doch schon seit Jahrzehnten, ach was sag‘ ich: seit Jahrhunderten. Was mich immer wieder amüsiert, manchmal aber auch erschreckt, ist die Kreativität, immer wieder neue, blumige Begriffe zu erfinden, oder noch besser: alte geschickt umzudeuten. Im konkreten Fall lesen wir nun: Kontinuierliches Performance Management, Employee Engagement und Employee Experience (Zeitenwende im Talentmanagement). Solches brauchen besagte Führungskräfte auch dringend, denn wenn zunehmend agile Teams unterwegs sind, steht die Führungskraft alten Stils doch ziemlich hilflos daneben und darf sich nicht mehr einmischen – will aber trotzdem „reinhören“ und alles unter Kontrolle behalten.


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Nicht mehr reinregieren, ab er die Kontrolle behalten

Dieses Problem scheint eine gigantische Marktlücke zu öffnen, das haben offensichtlich schon etliche clevere Risikokapitalgeber verstanden. Sie haben in neue intelligente Feedback- und Umfrage-Tools – zum „Reinhören“ – investiert. Zunächst muss man die Skills der Mitarbeiter erheben, mit künstlicher Intelligenz (KI) analysieren und dann zum Matching und „Upskilling“ nutzen. Als nächstes messen wir das sogenannte Employee Engagement. Jahrzehnte von Forschung zu den Themen Motivation, Arbeitszufriedenheit, Commitment oder Organizational Citizenship Behavior (OCB) kann man getrost ignorieren, Employee Engagement lautet die neue, von IT-Ingenieuren gestrickte Parole. Dessen Ergebnis nennt sich dann Employee Experience (EX). Die sollte jederzeit positiv sein, ist doch klar.

Damit die Rechnung aufgeht, integrieren wir alle Komponenten in eine Plattform mit viel KI und zapfen alle möglichen betrieblichen Quellen an (Big Data). Man könnte es digitalen Taylorismus nennen. Es gibt aber ein Problem bei dieser Big-Brother-Nummer: den Datenschutz (DSGVO). Und vielleicht auch noch ein zweites: die Mitarbeiter. Wenn man das System nicht fliehen kann, kann man es doch kollektiv ad absurdum führen. Denn Rechner verstehen bekanntermaßen keinen Spaß!

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