SATIRE: „Trotz hoher Investitionen und erhoffter Synergieeffekte bringen M & A nicht immer den gewünschten Erfolg.“ Diese Diagnose der Autorinnen (Die Macht der Kultur bei Mergers & Acquisitions) ist hinlänglich bekannt. Als Grund dafür führen sie vor allem einen kulturellen Mismatch an.
Das ist nicht falsch, aber leider bei weitem noch nicht die halbe Miete: Das Drama beginnt nämlich damit, dass die falschen Leute, diejenigen, die entweder keine Ahnung von Change-Management haben oder denen das Gelingen von Change ziemlich egal ist, die Entscheidung zum Merger fällen und dann auch noch die falschen Leute beauftragen, ihn einzufädeln. Es sind auf beiden Seiten Menschen, die primär aufs Geld schauen. Und wenn die Verträge unterzeichnet sind, wenn die Münze im Beutel klingt, dann ist für diese Spezies der Drops gelutscht. Nach mir die Sintflut! Die Seele – noch nicht gleich in den Himmel, sondern zunächst auf die Seychellen, die Cayman Islands oder in sonstige schöne Gefilde – springt. All dies konnte man zuletzt wieder in der Breite und wissenschaftlich fundiert lesen (Take the money and run).
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Die Suppe, die die einen eingebrockt haben, sollen jetzt andere auslöffeln. So lenkt der Beitrag der Autorinnen den Blick auf die falschen, weniger gravierenden Aspekte. Strafverschärfend kommt hinzu, dass somit zudem der Eindruck erweckt wird, man bekäme auf diese Weise Ansatzpunkte in den Blick, die Misere zu bewältigen.
Sündenbock: Kultur
So schauen wir also auf die Kultur. Und in der Tat spielt Kultur eine Rolle. Das ist schon lange bekannt. Deshalb wird auch eine sogenannte Cultural Due Diligence gefordert. Also nicht nur die Prüfung der Bücher, sondern eben auch die der Kulturen. Beispielsweise Change-Altmeister Winfried Berner hat darauf schon vor Jahren hingewiesen. Genutzt hat es wenig, weil die besagten Personen (s.o.) kein Interesse daran haben. Es würde sie nur aufhalten und ihren Deal verzögern.
Die Autorinnen belehren ihre Leser:innen stattdessen über das Eisbergmodell und geben unspezifische Hinweise auf die Soziologen Niklas Luhmann und Stefan Kühl. Das ginge besser: Denn Christine Grubendorfer hat doch ein exzellentes Büchlein zum Thema geschrieben (Du sollst nicht an der Unternehmenskultur schrauben). Schade. Stattdessen wird der Leserschaft ein allzu plattes Unternehmensbeispiel aufgetischt. Was dann kommt, ahnt man vermutlich: Eine Kulturanalyse wird vorgeschlagen.
Kai aus der Kiste
Und sind die Kartoffeln (die Daten) da, müssen sie auch gegessen werden: Die Autorinnen nennen es ein „Kultur-Risk-Assessment“. Was ungeheuer wichtig klingt, aber auch nichts anderes als eine Ist-Soll-Analyse ist. „Darauf aufbauend können dann Konzepte entwickelt werden, die das Risiko minimieren, dass der M&A bzw. das neue Geschäftsmodell aufgrund kultureller Aspekte scheitert.“ Schwupps! Wen haben wir denn da? Kai aus der Kiste! Kommet zu ihm, alle die ihr beladen seid: „Um zwei separate Kulturen in einer neu gegründeten Gesamtorganisation oder in getrennt nur geschäftlich miteinander interagierenden Unternehmen zu verbinden, sind Offenheit, Verständnis und Fingerspitzengefühl essenziell: klare, transparente und wertschätzende Kommunikation, klare Prozesse und Strukturen, ergänzt durch ein hohes Maß an Resilienz und Geduld aller Beteiligten.“ – Alles klar, wo muss ich unterschreiben? Und wenn sie nicht gestorben sind …