KRITIK: Der Begriff taucht in letzter Zeit offenbar häufiger auf: Toxische Kollegen. Es wäre schon mal interessant nach zu forschen, wann eine solche Wortkombination zum ersten Mal auftaucht und was dann aus ihr weiter wird. Uwe Peter Kanning erklärt, dass es in der Wissenschaft zwar Forschungen zur „toxischen Führungskraft“ bzw. zur „destruktiven Führung“ gibt, aber nichts zum „Phänomen“ des toxischen Kollegen (Drum prüfe, wer sich bindet).
Sicher: Würden wir gefragt, was wir uns darunter vorstellen, würde uns schon etwas einfallen, und damit könnte ich jetzt auch wie Kanning diesen Beitrag füllen, z.B. schwieriges Sozialverhalten, herablassend, auf eigenen Vorteil bedacht, Schwächere fertigmachen, sich krank melden ohne krank zu sein, stehlen, Betriebsgeheimnisse verraten usw. Und dann fallen uns passend zu diesen Verhaltensweisen auch Eigenschaften bzw. Persönlichkeitsvariablen ein.
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Wie Kanning würde ich auch sagen: Es gibt sie, die schwierigen Kollegen, wie es überall schwierige Mitmenschen gibt. Menschen, die in kaum einer Umgebung über längere Zeit klarkommen, die nahezu überall anecken, mit sich und der Welt im Unreinen und überall nur Verrat und Hinterlist wittern. Und entsprechend reagieren. Sie zu identifizieren sollte nicht so schwer sein, auch damit stimme ich überein. Ein einigermaßen solides Auswahlverfahren sollte dazu in der Lage sein, und dann wäre da ja noch die Probezeit. Und wenn das immer noch nicht reicht, gibt es noch die Möglichkeit der Trennung. Also alles kein Hexenwerk.
Wozu dann überhaupt ein neuer Begriff? Die Antwort liegt auf der Hand: Die Berater wittern ein neues Geschäftsfeld. Recruiting, Onboarding, Training, Coaching: Alles lässt sich um eine neuen „Zielgruppe“ erweitern, und egal wie groß oder gering die Gefahr, sich einen solchen Menschen einzufangen, auch ist: Der eine oder andere Personaler dürfte mit dem Versprechen: „Wir helfen Ihnen, toxische Mitarbeiter zu erkennen und loszuwerden!“ zu locken sein.
Darüber könnte man den Kopf schütteln und zur Tagesordnung übergehen. Leider können solche „Konzepte“ durchaus Schaden anrichten. Sie vereinfachen die Sicht auf die Dinge – das ist so bei plakativen Begriffen. Schon wieder Stress mit Kollegen X? Schon wieder Beschwerden über Kollegin Y? Tja, das wird wohl jemand aus der Kategorie „toxisch“ sein. Und damit ist man die Verantwortung los, genauer auf die Probleme zu schauen. Und an den Umständen zu arbeiten, und zwar kontinuierlich. Oder wie Kanning sagt: „… ein freundliches, faires und leistungsorientiertes Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem toxisches Verhalten weder vorgelebt noch belohnt wird.“
Wer eher praktische Tipps zum Umgang mit schwierigen Kollegen sucht, ist hier besser aufgehoben: Toxische Kollegen.