KRITIK: Noch ein Grund, warum Führungs-Duos eine Alternative zur klassischen Position des „einsamen Helden“ sind: Die Entscheidungsflut nimmt zu, immer mehr Führungskräfte fühlen sich überfordert. Also lieber auf zwei Schultern verteilen, dachte man sich bei der Signal Iduna, und der Versicherungskonzern ist damit ja nicht allein (Job Sharing bei Führungskräften).
Hier also ein weiteres praktisches Beispiel mit Tipps, worauf bei solchen Tandems zu achten ist. Wobei die Autoren im Personalmagazin sehr mit konkreten Erfahrungen geizen und lieber allgemeine Hinweise formulieren (Mit Co-Leadership gegen die Entscheidungsflut). So etwa, dass ein „tiefes Verständnis für die Perspektive und die Fähigkeiten der oder des Co-Leads unabdingbar“ ist, und dass der „Matching-Prozess“ die passenden Persönlichkeiten zusammenführen soll. Oder dass die Lebenssituation zur gemeinsamen Aufgabe passt. Dass die beiden am besten vorher schon zusammen gearbeitet haben sollten und sich kennen. Und es gemeinsame Grundsätze und Ziele gibt. Und sie einheitlich gegenüber Teammitgliedern und Vorgesetzten auftreten sollten. Dass sie sich ständig austauschen und in ihre Entscheidungen transparent bleiben.
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Alles ziemlich banal und eigentlich keine Erwähnung wert. Auch die Frage, ob ein solches Modell überhaupt ins Unternehmen passt, ergibt keine wirklich neuen Hinweise. Da ist die Rede von eine „kollaborativen Entscheidungskultur“ als Voraussetzung, von agilen Arbeitsformen, die dieses Modell der Führung begünstigt und schließlich davon, dass bestimmte Aufgabenbereiche sich eher eignen als andere.
Mehr Reflexion
Bei dem letzten Punkt musste ich dann doch schmunzeln. Vorher ist in dem Beitrag von einer besonderen Stärke eine Führungsduos die Rede: Ein „Tandem ermutigt zur ständigen Reflexion des eigenen Handelns“. Etwas, das Führungskräften immer sehr ans Herz gelegt wird und als eine der wichtigsten Erfolgsfaktoren für erfolgreiche Führung betrachtet wird: Reflexion. Nachvollziehbar, dass dies bei Doppelspitzen tatsächlich häufig passiert. Wenn die eine ein bestimmtes Vorgehen wählt oder vorschlägt, das dem anderen vielleicht nicht so unmittelbar einsichtig ist, muss sich das Tandem austauschen und hinterfragen – was zur Reflexion der eigenen Haltung führt.
Es gibt dazu auch ein Beispiel: Feedback an die Mitarbeitenden. Hier ist von einem strukturierten Feedback die Rede, also gibt es irgendein Tool im Unternehmen. Eigentlich bietet Feedback von verschiedenen Seiten die Chance, von der Vielfalt zu profitieren. Aber hier heißt es, dass sich beide „enger abstimmen sollten, um unsere Mitarbeitenden nicht mit komplexen Rückmeldungen zu verwirren“. Lustig, oder? Der eine sieht einen Mitarbeiter so, der andere eher so. Das ist zu komplex für den armen Mitarbeiter, also stimmen sich Führungskräfte ab und überlegen sich, wie sie das Feedback gestalten. Chance vertan, würde ich sagen. Was nicht an dem Modell der geteilten Führung, sondern an dem „strukturierten Feedback“ liegt.
Nix für schnelle Entscheidungen?
Ach ja, das Schmunzeln: Für welche Aufgabenbereiche eignet sich nun ein Führungstandem? Für den Bereich Organisationsentwicklung, wo der eine Experte für New Work und die andere Expertin für Personal- und Kulturentwicklung ist. Das sollte doch klappen. Während es in Bereichen, die hauptsächlich datengetrieben sind und schnelle, punktgenaue Entscheidungen erfordern“, das Modell „seine Stärken vermutlich nicht ganz ausspielen kann.“ Wie schade …
Zu guter Letzt: Ein Führungsduo wird hier als niedrigschwelliges Führungsangebot bezeichnet. Gemeint ist wohl, dass Menschen, die noch wenig Erfahrung haben, sich hier erst einmal ausprobieren können und zudem auch private und berufliche Ansprüche besser vereinbaren können. Also eher was zum Einstieg. Echt jetzt?