INSPIRATION: Was würden Sie tun, wenn man Ihnen die Möglichkeit bietet, zwei Jahre lang jede Fortbildung in Anspruch zu nehmen, die Sie möchten? Und das ohne Einschränkung, was die Themen betrifft und ohne dass es Sie etwas kostet? 15 Menschen kamen in den Genuss, mit interessanten Erkenntnissen für Personalentwickler.
Das Experiment startete die Haufe Akademie (Weiterbildung als Geschenk), der Anlass war ein interner: Die eigene Organisation war immer größer geworden, es ging immer mehr um das Erreichen bestimmter Kennzahlen, Erfolge wurden abteilungsbezogen gefeiert, der Zusammenhalt und das Gesamtunternehmen war aus dem Blick geraten. Auf der Suche nach dem, was alle wieder verbinden könnte, kam die Idee für das Projekt „S.MILE“ auf. Dabei sollte 15 Menschen der Zugang zu allen Angeboten der Akademie gewährt werden, und das völlig kostenlos, inklusive Coaching.
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Interessante erste Erkenntnis: Nicht alle, die mitmachen wollten, bekamen die Freigabe von ihrem Arbeitgeber, und bei manchen dauerte der interne Genehmigungsprozess so lange, dass die Zusage zu spät kam. So viel zur Personalentwicklungskultur in den Unternehmen. Die Erkenntnisse hielt die Akademie in einem Film und einem Buch fest.
Die wichtigsten Erkenntnisse
- Die Teilnehmer buchten am Anfang nur zögerlich, die Auswahl an Kursen stellte offenbar schon eine ziemliche Herausforderung dar. Die Schranken im Kopf, selbst wenn plötzlich alles frei verfügbar ist, sind doch groß. Wobei sich vor allem der Faktor Zeit als der am stärksten limitierende herausstellte. Musste man bis dahin Privates und Berufliches in Einklang bringen, so kamen nun auch noch Weiterbildungsaktivitäten hinzu.
- Die Teilnehmer gingen – entgegen mutmaßlicher Befürchtungen von Unternehmensseite – sehr verantwortlich mit der Auswahl der Kurse um und berücksichtigten immer auch die Interessen der Unternehmen. Soll heißen: Niemand besuchte Veranstaltungen „nur aus Spaß“.
- Obwohl es für die meisten eine Herausforderung darstellte, die verschiedenen Anforderungen zeitlich unter einen Hut zu bringen, wählten sie weniger E-Learning-Angebote, sondern bevorzugten Präsenzveranstaltungen. Mag sein, dass es einerseits Gewohnheit war, aber die Erkenntnis lautete auch, dass „Präsenzangebote als Ruheinseln für die eigene Entwicklung“ erlebt wurden.
- Große Fortschritte machten vor allem diejenigen, die von außen eine entsprechende Unterstützung erhielten. Schon die Tatsache, an dem Projekt teilnehmen zu können, stärkte das Selbstbewusstsein. Wenn dann noch die Förderung und die Wertschätzung zum Beispiel durch Vorgesetzte hinzukam, die an das Potenzial der Teilnehmer glaubten, förderte das die Entwicklung besonders.
- Das Lernen mit anderen zusammen, das Erleben von Gemeinschaft, war ein weiterer Erfolgsfaktor, wichtig ist die direkte Interaktion mit anderen.
- Von fast allen wurde Coaching in Anspruch genommen, das wurde als der „größte Pluspunkt des Projekts“ wahrgenommen. Wobei das persönliche Gespräch dem telefonischen Angebot vorgezogen wurde.
- Der für mich spannendste Aspekt: Der Versuch, die Weiterbildung durch das Formulieren von Zielen, die im Einklang mit Unternehmenszielen stehen, zu lenken und zu unterstützen, erwies sich als wenig tauglich. Soll heißen: Menschen so zu entwickeln, dass ihre Ziele zu den Unternehmenszielen passen, dies in Jahresgesprächen oder Zielvereinbarungsprozessen festzuhalten und regelmäßig den Fortschritt zu kontrollieren, funktioniert nicht. Zu häufig ändern sich die Bedingungen am Arbeitsplatz und vor allem die persönlichen Verhältnisse. Da ergibt es gar keinen Sinn, stur an irgendwelchen Zielen festzuhalten. Oder zum Beispiel Karriereziele festzulegen und dann streng einem Entwicklungsplan zu folgen.
Weiterentwicklung als ständiges Ausprobieren
Klingt so, als sei persönliche Weiterentwicklung letztlich ein ständiges Ausprobieren, neu Justieren, erneutes Ausprobieren und wieder Anpassen. Was über allem steht ist die Frage: „Passt das, was ich tue, besser zu mir?“ Personalentwicklung ist also der stetige Versuch, die passende Rolle zu finden. Menschen darin zu unterstützen, sollte dann wohl die Aufgabe von institutionalisierter Personalentwicklung sein.
In dem Projekt scheint das gelungen zu sein. Die zu Beginn in ihrem Unternehmen fest angestellten Mitarbeiter waren alle noch bei ihrem Arbeitgeber, die meisten in neuer Funktion. Spannend.