5. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Pest oder Cholera

INSPIRATION: Täglich stehen nicht nur Führungskräfte vor schwierigen Entscheidungen, und jedes Mal denken wir: Egal, was ist tue, in beiden Fällen muss ich mit den Nachteilen leben. Das stimmt zwar, aber sind die vermeintlich gleichwertigen Alternativen wirklich gleichwertig? Und welche Möglichkeiten habe ich sonst noch?

Klar ist: Entscheidungen, für die es klare Kriterien gibt, stellen kein Dilemma dar, und diese könnten auch von einem Computer gelöst werden, dazu braucht es keine Menschen oder gar Führungskräfte. Schwierig wird es dann, wenn nach Anlegen aller Maßstäbe die Vor- und Nachteile aller Varianten sich die Waage halten. Christian Lebrenz zeigt in der managerSeminare vier Angriffsflächen für solche Dilemmata auf (Die doppeldoofe Entscheidung):

  1. Der Zwang zur Entscheidung. Man prüft, ob dieser überhaupt vorliegt. Muss tatsächlich in diesem Augenblick entschieden werden? Mehr noch: Müssen wir diese Entscheidung tatsächlich selbst treffen? Manchmal ist ein bewusstes Aussitzen eine gute Wahl – wohlgemerkt: Hier wird eine bewusste Entscheidung getroffen, erst mal nichts zu tun. Vielleicht löst sich die Situation von selbst oder es finden sich neue Informationen oder die Rahmenbedingungen ändern sich.
    Wenn aber Aussitzen nicht möglich ist, kann man manchmal die Entscheidung auch delegieren, so dass man zumindest selbst aus der Schusslinie gerät. Das kann zum Beispiel eine andere Führungsebene sein.
    Ich kann mich erinnern, dass ich einmal Mitarbeiter mit einem Notensystem beurteilen sollte. Als die Ergebnisse gesammelt vorlagen, wurden wir aufgefordert, die Noten anzupassen, der Schnitt lag zu hoch. Mein Dilemma: Passe ich die Noten (die ich mit den Mitarbeitern besprochen hatte) an, mache ich mich vor den Mitarbeitern unglaubwürdig. Weigere ich mich, bekam ich Stress mit der Personalleitung. Ich bat meinen Chef, die Anpassung vorzunehmen (worauf er übrigens verzichtete…
  2. Die Gleichwertigkeit der Alternativen. Schätze man diese tatsächlich als gleichwertig ein, dann kann man nur mit vollem Bewusstsein die Konsequenzen ertragen nach dem Motto: Einen Tod muss man sterben. Hier passt das Beispiel von Apple: Anders als Microsoft riskiert man hier, Kunden bei einem Systemwechsel zu zwingen, mitzugehen, weil das alte System nicht mehr gepflegt wird – egal, wie stark die Proteste sind und groß das Risiko ist, Kunden zu verlieren.
  3. Die Gegensätzlichkeit der Alternativen. Hier könnte man prüfen, wie gegensätzlich die Alternativen wirklich sind und ob sie sich wirklich völlig ausschließen. Kann man gleichzeitig dezentral und zentral organisiert sein? Vielleicht geht das und man fährt eine „Sowohl-als-auch-Strategie“. Es werden einige Teile der Organisation zentral organisiert, in anderen Bereichen können die dezentralen Einheiten selbstständig entscheiden.
  4. Worum geht es wirklich? Statt das Dilemma als gegeben hinzunehmen, könnte man prüfen, worum es eigentlich geht und nach einem weiteren, einem dritten Weg suchen, der weniger Nachteile als die beiden Gegensätze enthält.
    Als ich vor der Wahl stand, mich selbstständig zu machen oder im Konzern zu bleiben, steckte ich in einem solchen Dilemma, bis mich ein Kollege fragte: Was müsste passieren, damit du den Schritt gehst? Meine Antwort: Wenn mein Arbeitgeber mir für eine gewisse Zeit eine Wiedereinstellungsgarantie geben würde. Es ging mir offenbar um das fehlende Sicherheitsnetz, und als ich diese Frage dem Personalleiter stellte, wurde mir tatsächlich ein Ruhevertrag angeboten.

Und wenn all das nicht weiter hilft, dann empfehle ich einen Münzwurf. Das gehört eher zur Strategie 1 – die Entscheidung delegieren, diesmal an den Zufall. Das Verfahren wird vermutlich nicht sonderlich gewertschätzt, von Führungskräften wird erwartet, dass sie in der Lage sind, selbst zu entscheiden. Aber genau das würden sie ja tun: Angesichts der Gleichwertigkeit der Alternativen und des Zwangs zur Entscheidung ganz bewusst den Zufall entscheiden lassen und dafür die Verantwortung übernehmen.

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