11. Dezember 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Plastikwörter

REZENSION: Stefan Kaduk / Dirk Osmetz / Stefanie Rödel – Sprechblasen der Organisationskultur. Ein Glossar. Business-Begriffe bewusst benutzen. Beltz 2021.

Der Untertitel dieses Bändchens lautet „Ein Glossar“ und „Businessbegriffe bewusst nutzen.“ Beides beschreibt den Inhalt treffend. Es werden etliche bekannte Begriffe jeweils auf einer bis drei Seiten kommentiert. Mitunter humorvoll, manchmal eher satirisch, oft aber einfach nur klug. Ich kann mir das so richtig vorstellen: Man stolpert ständig über die üblichen Sprechblasen, als da wären Augenhöhe, Fehlerkultur, Change, Kundenorientierung, New Work, Purpose, Resilienz, Unternehmertum, Vertrauen, Vision, Wertschätzung und andere. Und wundert sich, was damit in Organisationen angestellt wird. Und bekommt irgendwann große Lust, sie genüsslich auseinander zu nehmen. 


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Viele der Begriffe sind zu „Plastikwörtern“ geworden – nicht falsch, aber seltsam leer. Man kann sie überall einsetzen, niemand wird widersprechen, aber sie verhallen immer häufiger, ohne eine Wirkung zu erzielen. Wenn also Berater oder Management davon reden, dass es an der Zeit ist, eine Vertrauenskultur zu schaffen, kundenorientiert zu handeln, fehlerfreundlich zu werden, Wertschätzung zu geben, dann wird man nicken und denken: „Ja, wäre schon gut.“ Aber was das dann genau sein soll, bleibt vage. Und die Maßnahmen werden maximal ertragen.

Gebrauchsanleitung

Ich habe das Buch von vorne bis hinten gelesen, was aber nicht wirklich zu empfehlen ist. Besser wäre es, zu blättern und bei den Begriffen, über die man sich schon häufiger aufgeregt hat oder die gerade mal wieder auf der Agenda des nächsten Projektes stehen, innezuhalten. Nehmen wir zum Beispiel „Mindfulness“. Sicher, es wäre schön, wenn Menschen – also auch Mitarbeiter – das, was sie tun, mit Achtsamkeit, Aufmerksamkeit und Konzentration tun und sich dabei anderen gegenüber zugewandt und respektvoll verhalten. 

Und wie das so oft mit gut gemeinten Ansätzen geschieht, kommt dann jemand daher und will plötzlich Achtsamkeit „implementieren“ oder zumindest fördern. Es folgt ein aufwändiges Programm mit Meditationstrainings, Yoga-Sessions und Schweige-Retreats. Spätestens hier wird das Misstrauen groß sein, und wie bei vielen anderen der hier aufgeführten Sprechblasen wird schnell klar, dass derartiges letztlich dazu dienen soll, Effizienz und Produktivität zu erhöhen. Wird ja oft genug sogar betont, dass solche Aktionen kein Selbstzweck sind, sondern dem Business dienen. Entsprechende Berechnungen über den angeblich geschaffenen Mehrwert folgen schnell. Hier, wie auch bei vielen anderen Plastikworten, empfehlen die Autoren, doch erst einmal grundlegende Dinge zu üben und zu praktizieren, wie zum Beispiel sich gegenseitig aufmerksam zuhören. 

Noch ein Beispiel gefällig? Selbstorganisation, das aktuelle Mantra der Organisationsentwicklung. Hier heißt es lapidar, dass der Ruf nach Selbstorganisation sinnlos ist, denn sie „ist bereits im Überfluss vorhanden.“ Statt diese einzufordern, wäre es schlau, einmal zu schauen, warum diese im Unternehmen nicht für den eigentlichen Zweck, nämlich dem Kunden zu dienen, eingesetzt wird. Sondern dazu, die Fremdorganisation zu unterlaufen. Und sich dann zu überlegen, wie man diese anders organisiert.

Mein Tipp: Legen Sie sich das Buch auf den Schreibtisch oder noch besser, haben Sie es dabei, wenn das nächste Strategiemeeting ansteht. Wenn dann ein Begriff wie „Vertrauenskultur“ fällt, schlagen Sie Seite 99 auf und helfen den Kollegen, sich darüber auszutauschen, was genau man damit meint und was man eigentlich erreichen möchte. Vermutlich müssen Sie dann irgendwann nur noch mit dem Buch wedeln, dann erübrigen sich einige Veränderungsinitiativen.

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